Interview mit "Unser Wachtberg" "Starkregenschutz ist das große Thema"

WACHTBERG · Aus dem Stand hat die Wählervereinigung "Unser Wachtberg" bei der Kommunalwahl 9,1 Prozent der Stimmen geholt und ist mit vier Sitzen in den neuen Gemeinderat eingezogen. Sie hatte angekündigt, dem Bürgerwillen mehr Gehör zu verschaffen. Über dieses Ziel und die ersten Schritte in der Kommunalpolitik sprach Bettina Köhl mit Thomas Franz, dem Fraktionsvorsitzenden von "Unser Wachtberg".

Was war der erste Gedanke, als das Ergebnis der Kommunalwahl kam? Hatten Sie mit so einer Resonanz gerechnet?
Thomas Franz: Ja und Nein. Dass wir in den Rat einziehen würden, damit hatte ich schon gerechnet. Aber das Ergebnis war schon umwerfend.

Die CDU hat im Wahlkampf stark mit Kontinuität geworben, nach dem Motto: Mit uns bleibt alles, wie es ist. Hat Ihnen das Wählerstimmer gebracht?
Franz: Genau. Wenn man sich vor der Wahl umgehört hat, haben viele Bürger gesagt: Ein "Weiter so" wollen wir nicht. "Unser Wachtberg" will mehr Transparenz in der Politik schaffen, und ich denke, das war einer der wesentlichen Gründe für das gute Ergebnis.

Was war für Sie persönlich der Grund, sich der neuen Wählervereinigung anzuschließen?
Franz: Ich habe mich schon länger mit Politik beschäftigt und hatte auch schon überlegt, in die Kommunalpolitik zu gehen, aber die Programme der etablierten Parteien haben mich alle nicht angesprochen. Ich war auf einer Mitgliederversammlung von "Unser Wachtberg" und habe nach kurzem Überlegen gesagt, ich trete bei. Dann war ich auch relativ schnell als Kandidat für Werthhoven aufgestellt.

Stichwort mehr Transparenz für die Bürger: Die Ratssitzungen sind ja öffentlich, da kann jeder zuhören. Gibt es darüber hinaus Punkte, wo Sie die Bürger mit einbinden wollen?
Franz: Wir haben gleich in der ersten Ratssitzung den Antrag gestellt, dass auch in den Ausschüssen die Bürgerfragestunde auf die Tagesordnung gesetzt wird, damit jeder Bürger seine Anliegen vorbringen kann. Außerdem wollen wir mit Themen, die wir im Rat angehen, nach draußen gehen und mit den Bürgern sprechen. Es gibt viele kompetente Bürger mit guten Ideen, die man da durchaus einbinden sollte.

Gibt es ein Thema, das Ihnen zum Start der Ratsperiode besonders am Herzen liegt.
Franz: Der Haushalt ist zurzeit das alles überragende Thema. Gerade ist der Abschluss von 2010 rundgeschickt worden. Als ich den gesehen habe, bin ich etwas erschrocken. Die Finanzen der Gemeinde sehe ich als Betriebswirt nicht so rosig: 56 Millionen Euro Schulden im Jahr 2010, und das dürften jetzt noch mehr sein. Wenn ich mir die Kassenkredite angucke, können wir im Moment froh sein, dass die Zinsen so niedrig sind. In den Zahlen steckt Sprengstoff, finde ich.

Wo gibt es denn aus Ihrer Sicht Einsparmöglichkeiten?
Franz: Da habe ich ehrlich gesagt im Moment noch keinen Überblick. Wir sind neu, wir haben uns jetzt erst den kontenscharfen Haushalt geben lassen. Ich denke, es gibt in jedem Haushalt Einsparpotenzial. Man muss halt Prioritäten setzen.

Wo zum Beispiel?
Franz: Starkregenschutz ist natürlich das große Thema, das gilt für ganz Wachtberg. Ich kann im Moment noch kein schlüssiges Konzept der Verwaltung für das ganze Gemeindegebiet erkennen. Da muss dran gearbeitet werden. Vor allem: Alles was wir hier bei uns machen, hat ja auch Auswirkungen zum Beispiel unten in Mehlem.

Wie genau?
Franz: Ich spreche mal von Werthhoven. Da hat man ein paar Gräben gezogen. Alles was da oben in den Kernbach fließt, läuft natürlich durch ganz Wachtberg und verschlimmert die Situation am Mehlemer Bach. Man muss gucken: Was macht man mit dem Wasser? Wo kann man das Wasser eventuell erst mal ein bisschen sammeln. Wir brauchen Auen oder Retentionsflächen, um das Wasser gezielt abfließen lassen zu können, ohne dass der große Schwung unten in Niederbachem und dann in Mehlem ankommt.

Was erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit der neuen Bürgermeisterin Renate Offergeld von der SPD?
Franz: Da bin ich guten Mutes, dass sie das, was sie angekündigt hat, auch macht. Ich habe schon Gespräche mit ihr geführt.

Wie wollen Sie die künftige Zusammenarbeit im Rat gestalten? Gibt es jetzt eine Mehrheit oder nicht?
Franz: Es gibt ja vier Parteien und Gruppierungen, die im Moment zusammenarbeiten. Das sind SPD, Grüne, UWG und "Unser Wachtberg". Die Treffen, die bisher stattgefunden haben, waren von einer sehr vertrauensvollen, konstruktiven Atmosphäre geprägt. Wir liegen ja mit unseren Vorstellungen auch nicht so weit auseinander.

Warum gibt es dann keinen Koalitionsvertrag?
Franz: Wir waren uns einig, dass wir keinen Koalitionsvertrag machen, weil das eigentlich nur ein oft zu frühes Festzurren von Vorgaben ist. Man nimmt sich damit die Möglichkeit, schlauer zu werden. Schauen Sie sich zum Beispiel im Bund das Betreuungsgeld an. Wir haben es, obwohl es eigentlich keine Mehrheit dafür gibt.

Renate Offergeld ruft dazu auf, zum Wohle Wachtbergs fraktionsübergreifend zusammenzuarbeiten. Wie sehen Sie das?
Franz: Recht hat sie. Wenn von anderen Gruppierungen, auch von CDU oder FDP, gute Vorschläge kommen, die Wachtberg voranbringen: Warum sollen wir die nicht aufgreifen?

Ein Thema im Wahlkampf war die Schulsituation. Würden Sie die Umwandlung der Berkumer Sekundarschule in eine Gesamtschule mittragen?
Franz: Ja. Wenn man sieht, wie viele Schüler nach der Grundschule runter Richtung Godesberg strömen, sollte man doch überlegen, ob man es nicht irgendwie hinbekommt, das Angebot der Berkumer Schule zu erweitern. Man muss aber auch die Grundschulen entsprechend weiterentwickeln. Wir sollten eine Gesamtschule prüfen, wobei das natürlich vor allem vom Willen der Eltern abhängt.

Wie wollen Sie künftig den Zuzug von Neubürgern und die Ausweisung von Bauland steuern. Halten Sie ein Baulandmanagement der Gemeinde für sinnvoll?
Franz: Baulandmanagement gibt es ja in verschiedenen Formen, unter anderem, dass die Gemeinde Grund und Boden aufkauft, entwickelt und wieder verkauft. Dabei ist ein "Gewinn" durchaus ein Ziel. Die Gemeinde legt damit aber nur die Kosten um, die sie durch ein neues Baugebiet hat, für neue Kindergärten, Feuerwehr und das weiter entfernt gelegene Kanalnetz zum Beispiel. Heute sind die Einzigen, die von einem Bebauungsplan profitieren, die Grundstückseigentümer. Mit dem Baulandmanagement könnte man sie auch an den Kosten beteiligen.

Zur Person

Thomas Franz (53) ist staatlich geprüfter Betriebswirt. Er wurde in Bayreuth in Oberfranken geboren und ist in Hof aufgewachsen. Er hat zwölf Jahre bei der Bundeswehr gearbeitet und kam so ins Rheinland. Seit 1999 wohnt Franz in Werthhoven und engagiert sich dort auch im Vorstand des Bürgervereins. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

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