Rundgang in Witterschlick Der Ton prägt die Geschichte des Ortes

ALFTER-WITTERSCHLICK · Ob der Name Witterschlick sich von "weißer Schlick" ableitet und sich auf den dort reichlich im Boden lagernden Ton bezieht, darüber streiten sich noch die Gelehrten. Gewiss ist, dass Witterschlick eine hervorragende Infrastruktur und eine gute Verkehrsanbindung hat.

 Ortsvorsteherin Sigrit Pippon liebt das Haus Kessenich.

Ortsvorsteherin Sigrit Pippon liebt das Haus Kessenich.

Foto: Roland Kohls

Dass der Tonabbau und dessen Verarbeitung den Ort seit der Industrialisierung geprägt haben, ist ebenfalls gewiss. Die Entdeckung des sogenannten Blautons im Jahr 1880 ließ den kleinen Ort Ende des 19. Jahrhunderts schnell wachsen.

Und noch heute prägt die Fliesenfabrik der Deutschen Steinzeug mitten im Ort das Leben in Witterschlick. Zwar arbeiten heute nur noch rund 200 Menschen in dem Werk, aber viele Nachkommen von Arbeitern und auch Gastarbeitern, die in den 60er Jahren hierher kamen, leben in dem Ort. Das ist der Grund, weshalb die Muslimische Gemeinde in Witterschlick sich als einzige im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis eine Moschee erbaut hat, die man auch von Weitem als solche erkennt.

"Die ehemaligen Gastarbeiter sind gut im Dorfleben integriert", sagt Ortsvorsteherin Sigrit Pippon. Sie beteiligen sich selbstverständlich an den Dorffeiern wie dem Maiansingen. Nach anfänglichem Widerstand ist heute auch die Moschee, in der im August erstmals die Gläubigen zum Freitagsgebet zusammenkamen, bei den Witterschlickern akzeptiert. Die 70-jährige Pippon hat noch nie von ernsthaften Konflikten zwischen alten und neuen Witterschlickern gehört.

Der Tonabbau ist auch der Grund, weshalb Witterschlick im Jahr 1903 einen eigenen Bahnhof an der 1880 errichteten Strecke Bonn - Euskirchen bekam. Durch den Bahnhof ist der Ort optimal ans Netz des öffentlichen Personennahverkehrs angeschlossen. Zurzeit wird die Strecke zweigleisig ausgebaut, um eine noch bessere Verbindung zu schaffen.

Aber der Witterschlicker Bahnhof hat noch sehr viel mehr zu bieten. In dem ehemaligen Güterschuppen kann man sich nicht nur in einer ungewöhnlichen Atmosphäre trauen lassen, hier finden auch regelmäßig Konzerte unter anderem im Rahmen des Beethovenfestes statt. Und das ehemalige Stellwerk im Bahnhof ist heute ein kleines Museum, in dem die alte Eisenbahntechnik anschaulich vor Augen geführt wird. Der Tonabbau und seine Verarbeitung haben jedoch auch Schattenseiten. Der Ort leidet seit Langem unter dem starken Verkehr auf der Hauptstraße. Die Hoffnung auf eine Ortsumgehung ist gering.

"Auf der Prioritätenliste beim Land steht unsere Ortsumgehung auf Platz 120", sagt Ortsvorsteherin Pippon. Die Witterschlicker wären schon froh, wenn wenigstens der LKW-Verkehr aus dem Ort gehalten werden könnte. Die andere negative Seite sind die vielen Krater, die der Tonabbau hinterlässt.

Aber Witterschlick liegt auch direkt am Kottenforst, wo man ausgeprägte Spaziergänge und Radtouren unternehmen kann. Am Hardtbach, am Fuße des Hardtbergwaldes, liegt auch das Klausenhäuschen - eine kleine Kapelle, zu der regelmäßig Pilger wandern, um einen Gottesdienst unter freiem Himmel zu feiern. Wegen des Ausbaus der Bahnstrecke wird momentan eine Unterführung zu dem Klausenhäuschen errichtet und die Brücke über den Hardtbach wird erneuert, so dass die Kapelle nur über den Grillplatz des Männergesangsvereins erreicht werden kann.

Witterschlick ist ein lebendiger Ort mit vielen Vereinen, die das Ortsleben prägen. Kindergärten, eine Grundschule, Supermarkt, ein Metzger und mehrere Bäckereien, eine Bank und eine Sparkasse, Ärzte, Apotheken und ein Restaurant gibt es in Witterschlick - hier mangelt es an nichts. Und auf dem Dorfplatz, der vor vier Jahren neu hergerichtet wurde, treffen sich die Witterschlicker bei gutem Wetter auf einen Kaffee oder ein Bier.

Eine Kuriosität hat die Gebietsreform von 1969 geschaffen. Denn ein Teil des Ortes gehört zur Stadt Bonn. Die eine Seite der Witterschlicker Allee gehört zum Bonner Stadtgebiet, die andere zur Gemeinde Alfter. Das führte unter anderem dazu, dass der ehemalige Witterschlicker Sportplatz auf Bonner Gebiet stand. Der neue Kunstrasenplatz des TB Witterschlick liegt heute im Witterschlicker Gewerbegebiet - auf Alfterer Gemeindegebiet.

"Mein Lieblingsort in Witterschlick ist das Haus Kessenich. Vor allem, wenn im Hof des Hauses gefeiert wird, fühle ich mich dort wohl", sagt Ortsvorsteherin Sigrit Pippon.

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