Austausch zwischen Musliminnen und Christinnen Diskussion zur Kopftuch-Frage in Siegburg

SIEGBURG · Musliminnen und Christinnen tauschen sich in Siegburg über die Motivation, ein Kopftuch zu tragen, aus. Die Veranstaltung war der Auftakt zur Reihe "Mein Kopftuch - Dein Kopftuch - Kein Kopftuch".

 Wie sie das Tuch um Kopf und Hals drappiert zeigt die Syrerin Mala (r.) bei der Veranstaltung der evangelischen Erwachsenenbildung. FOTO: DEMMER

Wie sie das Tuch um Kopf und Hals drappiert zeigt die Syrerin Mala (r.) bei der Veranstaltung der evangelischen Erwachsenenbildung. FOTO: DEMMER

Foto: Marie-Theres Demmer

Arifa (Namen von der Redaktion geändert) legt ein weißes Tuch mit blauen Blüten auf Leas Kopf. Ihre braunen Haare und die Schultern sind nun bedeckt. Unterhalb des Kinns steckt Arifa das Tuch mit einer kleinen Nadel fest. Neugierig betrachtet sich Lea im Spiegel. „Ich trage zum ersten Mal ein Kopftuch. Ich habe es mir unangenehm vorgestellt, aber es schränkt mich gar nicht ein“, sagt die 28-Jährige.

Lea, Arifa und zwanzig weitere Frauen, mit und ohne Kopftuch, Musliminnen und Christinnen, sind zur Auftaktveranstaltung der Reihe „Mein Kopftuch – Dein Kopftuch – Kein Kopftuch“ im Zeitraum der evangelische Erwachsenenbildung des Kirchenkreises an Sieg und Rhein in Siegburg zusammengekommen, um sich über das Thema „Kopftücher“ auszutauschen. Die Idee dazu entstand bei den interkulturellen Handarbeitstreffen der evangelischen Erwachsenenbildung.

„Mir ist aufgefallen, wie unterschiedlich die Musliminnen ihre Kopftücher tragen, und ich wollte mehr über ihre Beweggründe erfahren“, sagt Alexandra Bosbeer, die regelmäßig an den Treffen teilnimmt. Die gebürtige Niederländerin ist Fotografin und hält das Treffen in Bildern fest.

Austausch in lockerer Atmosphäre

Bei Kaffee, Kuchen und traditionellen arabischen Speisen tauschen sich die Frauen aus. Die Stimmung ist gelassen, alle duzen sich. Alar aus Syrien trägt ihr Kopftuch aus Überzeugung. „Ich bedecke mein Haar aus religiösen Gründen. Mein Kopftuch ist ein Teil von mir. Es gibt mir Sicherheit“, sagt sie. Teilweise würden Frauen das Kopftuch aber auch als Accessoire betrachten. „Sag deinen Frauen und Töchtern und den gläubigen Frauen, sich zu bedecken“, steht im Koran geschrieben. „Ich lege dies so aus, dass ich mich durch das Tragen eines Kopftuchs dem Zwang entziehen kann, immer schön aussehen zu müssen. Für mich zählen die inneren Werte“, sagt Alar. Das Tragen einer Burka – die Vollverschleierung, die in einigen Ländern verboten ist – lehnen indes alle anwesenden Musliminnen ab.

Esters (Namen von der Redaktion geändert) Beweggründe sehen anders aus. Sie trägt ihr Kopftuch nicht freiwillig. „Mein Mann ist sehr eifersüchtig und möchte daher, dass ich ein Kopftuch trage“, erklärt sie. Sie selbst zeige sich aber gerne offen. Als Beweis wickelt sie ihr senfgelbes Kopftuch ab und zeigt stolz ihre schwarzen Haare mit den dunkelblonden Strähnen. Die Frauen klatschen. „Warum kämpfst Du nicht dagegen an?“, fragt Sarah aus Somalia. Das lohne sich nicht, sagt Ester. „Aber damit belügst Du dich selber“, wirft Arifa ein.

Die 22-Jährige trägt ihren Hidschab erst seit wenigen Monaten. „Der Islam sagt, dass man das Kopftuch aus Überzeugung tragen muss. Der Islam ist eine friedliche Religion und gibt den Frauen das Recht, selbst zu entscheiden“, sagt sie. Sie sei schon immer sehr religiös gewesen. Trotzdem hatte sie Bedenken, in Deutschland ein Kopftuch zu tragen. Arifa wurde in Deutschland geboren, ihre Eltern stammen aus Marokko. „Ich hatte Angst vor Vorurteilen und negativen Reaktionen“, sagt sie. Erst nach einem tragischen Todesfall in der Familie fand sie die Kraft, zu sich und ihrer Religion zu stehen und ein Kopftuch zu tragen. Darauf habe es sowohl negative als auch positive Reaktionen gegeben.

Die 31-jährige Mala ist vor zwei Jahren aus Syrien nach Deutschland geflüchtet. Ihr Betreuer in der Flüchtlingsunterkunft riet ihr damals, das Kopftuch auszuziehen, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Doch ohne Hidschab fühlte sie sich nicht wohl und zog es fortan wieder an. Seitdem bemerke sie im Alltag bei Kleinigkeiten, wie bei der Fahrscheinkontrolle in der Bahn, dass sie aufgrund ihrer Religion nicht akzeptiert werde. „Ich respektiere die deutsche Kultur und die christliche Religion. Ich wünsche mir, dass auch unserer Religion mehr Akzeptanz entgegen gebracht wird“, sagt Mala.

Das nächste Treffen findet am Freitag, 1. Dezember, ab 17 Uhr im Zeitraum statt. Dort wird die Fotoausstellung von Alexandra Bosbeer mit einer Vernissage eröffnet. Bei einem Abschlusstreffen am Sonntag, 10. Dezember, ist die Imamin Rabeya Müller zu Gast. Weitere Informationen bei Katrin Wüst unter 0 22 41/25 21 512 oder wuest@ekasur.de.

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