Flüchtlingsunterbringung in Sankt Augustin Schumacher sieht sich in der Verantwortung

Sankt Augustin · Bericht zu den Pannen rund um den Neubau am Schützenweg sieht keine Rechtsverstöße des Sankt Augustiner Bürgermeisters. Politik kritisiert dessen schlechte Informationspolitik und das Verhalten gegenüber seinen Mitarbeitern.

Es war eine denkwürdige Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Mittwochabend. Vier Stunden rieben sich die Ausschussmitglieder an der von der Anwaltskanzlei Luther vorgelegten kommunal- und vergaberechtlichen Stellungnahme im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen. Auch wenn der Bericht keine Rechtsverstöße des Bürgermeisters feststellte, so sah Klaus Schumacher selbst durchaus die politische und moralische Verantwortung für Fehler seiner Mitarbeiter.

Ein Schwerpunkt des Berichtes war das Desaster beim Neubau der Unterkünfte an der Schützenstraße. Neben baulichen Mängeln hat es dort auch bei der Vergabe und Baukontrolle Fehler gegeben. Gekennzeichnet war die gesamte Debatte von einer gehörigen Portion Wut bei einem großen Teil der Ausschussmitglieder. Aber auch Verärgerung, tiefes Misstrauen und am Ende Ratlosigkeit blieben bei den Politikern angesichts der Pannen und Fehler und vor allem wegen der ihrer Meinung nach schlechten Informationspolitik der Verwaltung. Auch wenn das Gutachten nicht öffentlich ist, gab Achim Meier, der die beauftragte Anwaltskanzlei vertrat, bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz ebenso wie im nachfolgenden Hauptausschuss wichtige Ergebnisse bekannt.

Er stellte fest, dass die Auftragserteilung zur Errichtung der Flüchtlingsunterkunft am Schützenweg zwar vergaberechtswidrig erfolgte, der Bürgermeister jedoch dafür keine Verantwortung trage. Schumachers Aufgabe sei es gewesen, die organisatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das sei mit Einrichtung der Stabsstelle Flüchtlinge geschehen. Die wiederum war dem Dezernat III unterstellt, welches – so die Stellungnahme – gegen Überwachungs- und Kontrollpflichten verstoßen habe.

Auch zur fehlenden fachtechnischen Überwachung des Bauprojektes bezog Meier Stellung. Dazu sei die Stadt nicht verpflichtet, im Nachhinein wäre sie jedoch sinnvoll gewesen. Ein Schaden durch die fehlende Überwachung der Baumaßnahme sei der Stadt nicht entstanden, so Meier weiter. Vermutet wurden Mängel auf der Baustelle zunächst vom Rechnungsprüfungsamt (RPA). Den Vorwurf der Politiker gegen den Bürgermeister, dass er trotz der baulichen Mängel Teilzahlungen veranlasst habe, entkräftete Meier ebenfalls. Es habe zum damaligen Zeitpunkt keine hinreichende Rechtsposition gegeben, die Auszahlung zurückzuhalten. Bisher ist rund die Hälfte des Auftragsvolumens von insgesamt 2,35 Millionen Euro bezahlt.

Die Aussagen des Gutachters brachten Teile des Ausschusses immer wieder auf die Palme. Insbesondere SPD, Grüne und FDP konnten es nicht fassen, wie der Bürgermeister von jeglicher Verantwortung befreit wurde. Wolfgang Köhler (Aufbruch) hielt zwar die Beauftragung des Gutachtens für richtig, kam jedoch zu dem Schluss: „Die Häuptlinge kommen zu gut und die Indianer zu schlecht weg.“ Gerhard Schmitz-Porten (SPD) bezeichnete es als „fahrlässig“, einen Mitarbeiter ohne Fachkenntnisse mit derartigen Aufgaben zu betrauen.

Martin Metz, Fraktionsvorsitzender der Grünen, stellte fest, dass er nicht sehen könne, dass der Bürgermeister seine Leitungsfunktion ausreichend wahrgenommen habe. „Wenn ich Kenntnis habe, dass Sachverhalte nicht erfolgen, kann ich nicht untätig bleiben.“

Auch SPD-Fraktionschef Marc Knülle beklagte, dass Mitarbeiter an den Pranger gestellt würden. „Das finde ich unfair und nicht akzeptabel.“ CDU-Fraktionschef Georg Schell lenkte ein: „Im Nachhinein hätte man vieles anders machen können, es war eine Ausnahmesituation.“ Stefanie Jung, Vorsitzende der FDP-Fraktion, brach schließlich eine Lanze für den verantwortlichen Stabsstellenleiter: „Er hat mit großer Energie seine Aufgabe bewältigen wollen und ist am Umfang, der ihn überrollt hat, gescheitert.“

Auch Jung wünschte sich ein anderes Verhalten dem Mitarbeiter gegenüber, der jetzt am Pranger stehe. Zu dieser Personalie sah der Bürgermeister eine Teilschuld bei sich selbst. „Was ich übersehen habe ist, dass er in bestimmten Bereichen seine Fähigkeiten überschätzt hat und ich ihn damit allein gelassen habe“, gestand er ein. „Ich sehe meine Verantwortung und weiß, dass die Verwaltung neben hervorragenden Leistungen auch ziemlich viel Murks produziert hat. Dennoch bin ich stolz auf meine Mitarbeiter“, sagte Schumacher abschließend in einer Art Plädoyer.

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