Frauen aus Sankt Augustin fasten anders Leise durch die Fastenzeit

Sankt Augustin · Seit Aschermittwoch hängt die Goldene Regel der Kommunikation nach Ignatius an der Wand im Büro von Sabine Gedanitz. Gemeinsam mit Beatrix Gronen möchte sie in der Fastenzeit auf Lautstärke im Gespräch verzichten.

 In der Fastenzeit wollen Sabine Gedanitz (rechts) und Beatrix Gronen bewusster mit ihren Mitmenschen umgehen.

In der Fastenzeit wollen Sabine Gedanitz (rechts) und Beatrix Gronen bewusster mit ihren Mitmenschen umgehen.

Foto: Stephanie Roller

Während die meisten Menschen in der Zeit zwischen Karneval und Ostern auf Alkohol, Süßigkeiten oder andere Genussmittel verzichten, sollen die nächsten 46 Tage für die beiden Frauen anders werden. Denn Fasten nur mit Verzicht gleichzusetzen, greift für beide zu kurz. „Wenn ich auf Bonbons verzichte, bringt das nur mir persönlich etwas“, so Gedanitz. Es ginge aber auch darum, sich bewusster im Umgang mit den Mitmenschen zu werden. „Wie reagiere ich im Gespräch, besonders wenn ich verärgert bin? Welche Reaktion wäre vielleicht angemessener?“, fragt Gedanitz. Eine Idee, die zwar nur schwer greifbar ist und für manch einen vielleicht zunächst etwas ungewöhnlich erscheint, beiden Frauen aber im Alltag in den Sinn kam.

Gronen arbeitet als Kindergärtnerin. Lautstärke ist ihr allgegenwärtig. „Mein Umfeld bezeichnet mich zwar eher als einen ruhigen Menschen, aber auch ich werde oft lauter.“ Sie will bewusster auf die Kinder zugehen, denn vieles schauen sie sich bei Erwachsenen ab. Gedanitz hingegen arbeitet in einem großen Büro. „Bei uns stehen die Bürotüren immer offen, da hört man unweigerlich die Telefongespräche der Kollegen mit.“ Da sei ihr bewusst geworden, in welcher Lautstärke sich ein Gespräch manchmal abspiele, und habe sich selbst hinterfragt. „Warum reagiere ich manchmal lauter, wobei doch Zimmerlautstärke genauso effektiv sein müsste?“

Es gehe darum, selbst zu steuern, wie ein Gespräch verlaufen soll, erklärt sie. Gronen ergänzt: „Manche Menschen poltern sofort los, da wäre es manchmal sinnvoll, sich vorher zu überlegen, ob man nicht anders reagieren kann.“ Auch privat kann das eine Hilfe sein, ob im Umgang mit den eigenen Kindern oder auch den Eltern. Denn es gehe nicht nur darum, bedachter zu reden, sondern auch zu wissen, wann man schweigen sollte. „Oft denkt man, man wüsste, was der andere sagen will und hört gar nicht richtig zu“, so Gedanitz. „Meistens ist man dann mit den Gedanken schon woanders.“

Doch so schnell wird womöglich nicht alles von Erfolg gekrönt sein. Kleine Anregungen wie der Zettel in Gedanitz' Büro sollen beiden dabei helfen, sich immer wieder an ihren Vorsatz zu erinnern. „Auch ein kleiner Impuls am Morgen oder ein Rückblick am Abend machen wohl Sinn“, überlegt Gronen. Man solle sich auf jeden Fall Zeit und Raum dafür nehmen, ist sie überzeugt. Erst dann kann der Vorsatz für die Fastenzeit auch wirklich Früchte tragen.

Die Sonntage in der Fastenzeit bilden dabei natürlich keine Ausnahme. Und wie wird das Umfeld reagieren? Momentan sind sich die Fastenden noch unsicher, ob zunächst überhaupt jemand eine Veränderung bemerkt. Zu hoffen ist es. „Vielleicht werden wir irgendwann auch gefragt, ob mit uns denn alles in Ordnung ist“, vermuten beide amüsiert. Gronen hat sich als Erinnerung den Spruch „Manche Menschen sprechen aus Erfahrung, andere sprechen aus Erfahrung nicht“ ausgesucht. Wie gut wird das funktionieren? Der General-Anzeiger wird sie in den nächsten Wochen dabei begleiten.

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