Offene Tür in der Lülsdorfer Schmiede Handwerken wie vor 150 Jahren

Niederkassel · Glühender Stahl und ein unermüdliches Hämmern: Die Interesse-Gemeinschaft Schmiedemuseum Niederkassel-Lülsdorf erhält das Wissen um die Kunst des Schmiedens. Am Samstag gewährte sie bei der Offene Schmiede Einblick in das alte Handwerk.

 Peter Dietz (links) und Bruno Fritzen gehören zu den letzten aktiven Mitgliedern der Alten Schmiede Lülsdorf.

Peter Dietz (links) und Bruno Fritzen gehören zu den letzten aktiven Mitgliedern der Alten Schmiede Lülsdorf.

Foto: Franziska Jünger

An einem ruhigen Samstagvormittag in einem Wohngebiet in Lülsdorf: Wenig ist zu hören, ein paar Vögel zwitschern und dann ist da noch ein Geräusch – ein unermüdliches Hämmern. Peter Dietz steht in der Alten Schmiede und bearbeitet eine glühende Stange. Bei ihm und anderen Mitgliedern der Interessen-Gemeinschaft Schmiedemuseum Alte Schmiede zu Niederkassel-Lülsdorf am Rhein konnten Besucher bei der „Offenen Schmiede“ am Samstag erste Einblicke in die alte Handwerkskunst bekommen.

Im Inneren des historischen Gebäudes gibt es eine Menge zu sehen. Schwenk- und Kleiderhaken, Hufeisen, Flaschenöffner oder eine detailverliebte Kommunionsbank mit Weinreben sind dort ausgestellt. Von 1888 bis 1959 war die Alte Schmiede in Betrieb. 2007 erwarb die Stadt Niederkassel das Gebäude, das bereits 2001 unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Die Interessen-Gemeinschaft Schmiedemuseum will das Wissen über die alte Handwerkskunst erhalten. Schlossermeister Peter Dietz und seine Vereinskollegen zeigen Interessierten, wie sie mit verschiedenen Werkzeugen und Techniken aus alten Schrauben oder anderen Stahlresten etwas Neues herstellen können. „Das ist mein Kind hier“, erzählt Dietz. „Ich würde gerne noch mehr hier sein.“ Bereits in seiner Jugend kam er zur Alten Schmiede, um Öl zu holen. Im Rahmen seiner Ausbildung zum Betriebsschlosser bei Evonik lernte er an der Esse, die heute noch in der Alten Schmiede steht.

Große Nachwuchsprobleme

So angestaubt wie einige der alten Möbel in dem historischen Gebäude ist auch das Image des Schmiedens. Die Interessen-Gemeinschaft hat große Nachwuchsprobleme. An mangelndem Angebot liegt es nicht. „Die Leute können sich jederzeit bei uns melden und wir haben noch fast jeden Termin möglich gemacht“, sagt Dietz. Neben Kindergärten und vereinzelten Seniorengruppen kommt kaum jemand in die Alte Schmiede in Lülsdorf – so auch an diesem Samstagvormittag.

Denjenigen, die einmal kurz vorbeischauen, erklären Dietz und sein Vorstandskollege Bruno Fritzen alles ganz genau und geduldig. Mit einem Irrtum räumt Fritzen gerne auf: Eisen kann man nicht schmieden, sondern lediglich Stahl, das ein Produkt aus Eisen und Kohlenstoff ist. Je mehr Kohlenstoff, desto fester wird der Stahl, der weiterverarbeitet werden kann. „Die Glühfarben geben an, wie heiß der Stahl ist“, erklärt Fritzen und nimmt eine lange Stange aus dem Feuer in der Esse.

Um das Material gut bearbeiten zu können, muss es auf 750 bis maximal 800 Grad erhitzt werden. Um die richtige Temperatur zu erkennen, gibt es neben der Farbe noch einen weiteren Trick: „Stahl ist ab 770 Grad nicht mehr magnetisch“, erklärt Fritzen und überprüft die Temperatur mit Hilfe eines Magneten. Ist der Stahl zu heiß geworden, sprühen sternchenförmige Funken hervor. Fritzen, der Großhandelskaufmann gelernt hat, bekam die Schmiedekunst selber erst von anderen Vereinsmitgliedern beigebracht. Heute hat er große Freude daran, gibt aber auch zu: „Da sind schon sehr lange Prozesse und die Techniken sind nicht einfach. Wenn Sie den 3. Schritt vor dem 2. machen, haben Sie verloren.“ Was am Ende herauskommt, entschädigt aber in der Regel für die Mühen: ein individuelles handgefertigtes Stück, das man so nirgendwo kaufen kann.

Wer sich fürs Schmieden interessiert, kann sich für den VHS-Kurs Schmieden am Samstag, 6. Mai, von 10 bis 14 Uhr beim Vorsitzenden Hans-Walter Brungs anmelden unter: 0 22 08/45 29 27.

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