Leben auf dem Dorf in Hennef Der Dorfladen darf nicht sterben

Hennef · Das Pilotprojekt „Mitten im Leben“ soll Dambroich für alle Generationen attraktiver machen. 22 Prozent der Dambroicher sind älter als 65 Jahre. Das war der Hauptgrund, warum das Dorf als Pilot-Ortschaft für das Projekt „Mitten im Leben“ (MiL) ausgewählt wurde, das die Lebens- und Wohnqualität von älteren Menschen im ländlichen Raum verbessern soll.

 Treffpunkt Dorfladen: Die 91-jährige Dorfbewohnerin Gertrud Heimbach bestellt bei Edeka-Mitarbeiterin Hanni Fan der Giesen.

Treffpunkt Dorfladen: Die 91-jährige Dorfbewohnerin Gertrud Heimbach bestellt bei Edeka-Mitarbeiterin Hanni Fan der Giesen.

Foto: Franziska Jünger

676 Einwohner und ein reger Bürgerverein – das ist Dambroich, eines der fast 100 Dörfer, die zur Stadt Hennef gehören. Hier ist der Altersdurchschnitt besonders hoch. 22 Prozent der Dambroicher sind älter als 65 Jahre. Das war der Hauptgrund, warum das Dorf als Pilot-Ortschaft für das Projekt „Mitten im Leben“ (MiL) ausgewählt wurde, das die Lebens- und Wohnqualität von älteren Menschen im ländlichen Raum verbessern soll.

„Die Themenwünsche und Vorschläge kommen von den Bürgern vor Ort“, sagt Fabienne Deck, MiL-Projektkoordinatorin vom Gesundheitsverein Kivi. Gemeinsam mit Vertretern der Stadt Hennef und Ehrenamtlichen aus dem Ort hat Kivi ein Projektteam gebildet. Dieses Team wiederum hat seit Februar Themen herausgearbeitet, die gemeinsam angegangen werden sollen. Auf der Agenda stehen Nahversorgung und Sicherheit ganz oben.

Vor allem die Verkehrssicherheit hinsichtlich der Überquerung der Kreisstraße 40 liegt den Menschen in Dambroich am Herzen. „Das Hauptproblem ist, dass sich die Autofahrer hier nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten“, sagt Cornelia Miethe, Vorsitzende des Bürgervereins Dambroich. Viele Menschen aus Hennef und Umgebung fahren durch Dambroich in Richtung Südbrücke, um zu ihrer Arbeitsstelle in Bonn zu gelangen. Bereits seit einigen Jahren bemühen sich die Mitglieder des Bürgervereins um Abhilfe. „Bisher wurde alles mit den Argumenten abgelehnt, dass es hier nicht viel Verkehr gebe und eine Ampel zu teuer wäre“, sagt Rüdiger Annecke, langjähriges Mitglied des Bürgervereins. Verkehrsmessungen, die das belegen, seien jedoch nicht während der „Rush Hour“ durchgeführt worden.

Anneckes Frau ist sehbehindert und hat daher große Probleme, die Straße zu überqueren. „Ich habe schon einige Male mehr Glück als Verstand gehabt“, sagt Elke Annecke. Daher wünschen sich die Dambroicher eine Querungshilfe auf Höhe der Bushaltestelle. „Ob eine Bodenschwelle, eine Radarkontrolle oder eine Verengung der Straße – wir sind für alles offen“, erklärt Stefan Küster, Ehrenamtlicher im MiL-Team. Noch in diesem Monat will das Team der Stadt einen Antrag und eine Unterschriftenliste überreichen, die deutlich machen, warum die Querungshilfe so wichtig ist. Zuständig für die Straße ist dann aber der Kreis.

Ein Herzstück des Dorfes ist der kleine Edeka-Laden an der Pleistalstraße. Er sichert seit Jahrzehnten die Nahversorgung in Dambroich und ist zu einem sozialen Treffpunkt geworden. „Man braucht keine Zeitung zu lesen, kein Internet – man erfährt hier auch so alles“, sagt Rüdiger Annecke. Neben den Lebensmitteln des täglichen Bedarfs bietet die Inhaberin auch einen Mittagstisch und einen Partyservice an. Damit der Laden als solcher weiter laufen kann, muss ein Konzept her.

Eine Idee steht bereits im Raum: Der Laden könnte zu einer zentralen Anlaufstelle werden, die neben Lebensmitteln auch die Weitergabe von Rezepten ermöglicht sowie eine Post und ein Bistro integriert. Der Bürgerverein oder eine Form von Genossenschaft könnte die Finanzen tragen – noch ist das aber Zukunftsmusik.

Langzeitziel des MiL-Projektes ist es, nicht nur die Lebensqualität der älteren Bevölkerung zu verbessern, sondern ländliche Räume auch für jüngere Menschen wieder attraktiver zu machen.

Daniel Papke lebt seit 1997 mit seiner Familie in Dambroich. Der 23-Jährige kann sich nicht vorstellen, in eine größere Stadt zu ziehen: „Ich finde das Leben in Dambroich sehr erholsam und beruhigend. Gerade, wenn man einen hektischen Alltag hat, kann man abends sehr gut entspannen. Die Menschen sind einfach nicht so hektisch wie in der Stadt.“ Er schätze vor allem auch das familiäre Miteinander. „Was mir ein wenig fehlt, ist die gelegentliche Abwechslung. Es gibt zwar Dorffeste und Veranstaltungen, und es werden auch schon viele Initiativen ergriffen, aber verständlicherweise kann man auf dem Dorf nicht das Programm bieten wie in einer Stadt“, sagt der 23-Jährige. Daher sieht er die Mobilität als wichtigen Faktor. Das Busnetz sei bereits gut. Luft nach oben gibt es aber immer.

Auch in der Gemeinde Eitorf sowie den Gemeinden Windeck, Rupichteroth, Much und Neunkirchen-Seelscheid laufen MiL-Projekte. Die Erfahrungen aus den Pilot-Ortschaften sollen später als Vorbild für die Ausweitung des Projektes auf weitere Rhein-Sieg-Kommunen dienen.

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