Schulstart im Siebengebirge „Die Kinder müssen erst mal ankommen“

Sechs Wochen Sommerferien sind vorbei. Am Donnerstag starten die i-Dötzchen ihre Schullaufbahn, und auch den Fünftklässlern steht der erste Tag an ihrer neuen Schule bevor.

 Neues Umfeld, neue Lehrer, mehr Unterrichtsstoff: Der Start in der neuen Schule verläuft nicht immer reibungslos.

Neues Umfeld, neue Lehrer, mehr Unterrichtsstoff: Der Start in der neuen Schule verläuft nicht immer reibungslos.

Foto: Frank Homann

Ein Wechsel, der nicht immer reibungslos verläuft, wie Christine Schulz aus ihrer täglichen Arbeit weiß. Die Diplompädagogin in der Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Städte Bad Honnef und Königswinter über Erwartungen, Drucksituationen und Aha-Erlebnisse.

Jetzt beginnt der Ernst des Lebens, heißt es oft bei der Einschulung. In der Rückschau stellen Eltern häufig fest, dass es erst mit dem Übergang in die fünfte Klasse so richtig ernst wird. Stimmt das mit Ihren Erfahrungen überein?

Christine Schulz: Häufig heißt es: Jetzt beginnt der Ernst des Lebens noch einmal. Es ist ein wichtiges Ereignis für die Familien. Bei der Einschulung sind die Kinder noch unbedarfter, da überwiegt die Vorfreude. Beim Übergang in die fünfte Klasse sind die Kinder reifer, es kommen Fragen hinzu wie: Werden die anderen mich mögen? Wie komme ich mit den anderen klar? Vielen ist bewusst, dass jetzt Leistung eine größere Rolle spielt. Da kommt zur Vorfreude auch die Furcht vor dem Unbekannten.

Was sind die Gründe?

Apropos Eltern: Auch für sie ist der Schulwechsel ja nicht immer so leicht...

Schulz: Eltern möchten immer das Beste für ihre Kinder und wissen, wie wichtig heutzutage ein guter Bildungsabschluss ist. Oft fragen sie sich: Schafft mein Kind das? Haben wir uns für die richtige Schule entschieden? Die Sorgen der Erwachsenen spüren wiederum natürlich auch die Kinder.

Woran merken Eltern, dass etwas nicht rund läuft?

Schulz: Zunächst muss man ganz deutlich sagen: Die Zeit in der fünften, sechsten, manchmal auch noch in der siebten Klasse ist ein Übergangsprozess. Es braucht eine Weile, bis die Kinder sich zurechtfinden, sich sortiert haben und angekommen sind. Hinzu kommt: In der fünften und sechsten Klasse starten viele Kinder in die Pubertät. Eltern sollten sich nicht gleich verunsichern lassen, Ruhe bewahren und Zuversicht vermitteln.

Und wann hellhörig werden?

Schulz: Das lässt sich nicht so differenziert sagen. Die einen reagieren mit Bauchschmerzen, verabreden sich vielleicht nicht mehr so häufig oder haben plötzlich zu einem bestimmten Fach nicht mehr so einen Bezug wie früher.

Was raten Sie Eltern dann?

Schulz: Pauschalrezepte gibt es nicht. Manchmal ist es für Eltern schon hilfreich, die Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten und zu verstehen, dass sie mit einem bestimmten Problem nicht allein sind, es vielen so geht. Die Frage ist häufig, wo braucht mein Kind noch Unterstützung, wo sollte es selbstständig eine Lösung finden. Da gilt es, eine Balance zu schaffen.

Was heißt das konkret?

Schulz: Wenn Eltern merken, dass ihr Kind etwas beschäftigt, es sich Sorgen macht, sollten sie dezent nachfragen, Interesse zeigen – ohne gleich zu kommentieren oder Lösungen parat zu haben. Gut ist es, die Kompetenzen des Kindes anzuerkennen und zu loben, etwa: Du fährst jetzt allein mit dem Bus zur Schule, toll, dass das so klappt. Manchmal hilft es auch, sich mal mit anderen Eltern auszutauschen oder ein nettes Gespräch mit dem Lehrer zu führen.

Und den Druck aus der Situation zu nehmen?

Schulz: Ganz genau. Es ist manchmal ein regelrechtes Aha-Erlebnis, zu erkennen, dass das eigene Kind ganz anders lernt als man selbst, vielleicht mehr Zeit oder einen besonders aufgeräumten Schreibtisch braucht. Oder es mit dem einen Lehrer besser, mit dem anderen weniger gut klarkommt. Das ist doch bei uns Erwachsenen auch nicht anders.

Und wenn die Übergangszeit vorbei ist?

Schulz: Das ist die gute Nachricht: Es wird vieles besser und beruhigt sich in der Regel bis zur siebten Klasse. Das Kind ist sicherer, kennt die Abläufe, weiß, was es erwartet. Bis dahin sollten die Eltern Ruhe bewahren, Zuversicht vermitteln und sich vor allem nicht ins Bockshorn jagen lassen.

Am Donnerstag startet für insgesamt 601 Jungen und Mädchen im Siebengebirge der Ernst des Lebens: In Königswinter werden insgesamt 380 i-Dötzchen eingeschult, in Bad Honnef sind es 221. Ihren ersten Tag an der weiterführenden Schule haben heute insgesamt 462 Kinder: 240 Jungen und Mädchen besuchen in Königswinter die fünfte Klasse, in Bad Honnef sind es 222 Schüler.

Die Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Städte Bad Honnef und Königswinter unterstützt Eltern in allen Fragen der Erziehung, vermittelt bei Konflikten in der Familie und unter Paaren. Die Beratung ist kostenfrei, vertraulich und auf Wunsch anonym möglich. Kontakt: Schützenstraße 2 in Königswinter, 02223/29865360; E-Mail: feb@koenigswinter.de; Internet: www.koenigswinter.de.

Zur Person

Christine Schulz (48) arbeitet seit dem Jahr 2008 bei der Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Städte Bad Honnef und Königswinter, die ihren Sitz in der Königswinterer Altstadt, Schützenstraße 2, hat.

Die Diplompädagogin wuchs in Goslar auf und wechselte zum Studium an die Universität Göttingen. Seit einigen Jahren lebt sie mit ihrer Familie in Bonn.

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