Die band Schlagsaite im Haus Rheinfrieden Mit Schirm, Charme und Chansons

BAD HONNEF · Wozu Sommerwetter, wenn es „Schlagsaite“ gibt? Es mochte zwar „Herbst auf der ganzen Linie“ herrschen, wie die fünf Deutschfolker angesichts der garstigen Witterung in der Vertonung des gleichnamigen Kästner-Gedichts sangen –, doch dem sintflutartigen Regen draußen zum Trotz ließ die Kölner Musikgruppe ihr Publikum beim letzten „Folk im Feuerschlösschen“-Konzert vor der Sommerpause zwei Stunden lang im entspannten Flair eines lauwarmen, sonnengeküssten Sommerabends baden.

 Folk im Feuerschloesschen mit Schlagsaite

Folk im Feuerschloesschen mit Schlagsaite

Foto: Frank Homann

Für den krönenden Abschluss des Veranstaltungshalbjahres war der ausrichtende Verein diesmal ausnahmsweise nach Rhöndorf ins Haus Rheinfrieden umgezogen – auf Bitten der körperbehinderten Internatsschüler, die sich schon seit Längerem wünschten, eines der Feuerschlösschenkonzerte zu besuchen, und nun dazu Gelegenheit hatten. Unwiderstehlich verspielter Charme? Check. Eine mitreißende Live-Präsenz, ansteckende Spielfreude und eine abwechslungsreiche Mischung aus virtuosem Folk, treibender Offbeat-Polka mit Gypsy-Swing-Anleihen und träumerischen Chansons in bester Singer-Songwriter-Manier? Check, check und nochmals check. Es war ihre sichtbare, hörbare und spürbare Begeisterung für die authentische Livemusik, mit der „Schlagsaite“ das Publikum von den Sitzen lockte und die hintere Saalhälfte zeitweise in eine Tanzfläche verwandelte. Ohne Zweifel: Genre-Fans kamen hier voll auf ihre Kosten.

Doch auch, wer bislang nur wenige Berührungspunkte mit Deutschfolk, Polka oder Swing hatte, war spätestens nach der „Ansprache einer Bardame“, dem vom ruhigen Beginn zum ekstatischen Crescendo wachsenden Stimmungsmacher, klanglich pendelnd zwischen Kölscher Lebenslust und Pariser Romantik, den fünf Chanson-Charmeuren verfallen. Toll auch „Komm zu mir“, ein gemächliches Stück mit sehnsüchtig-aufbrausendem Refrain, und „Nächtlicher Heimweg“ mit furiosem Finale, das den Zuhörern vor der Halbzeitpause Appetit auf mehr machte.

Zielstrebig verfolgten Markus Giesler an Keyboard und Akkordeon, Sänger und Gitarrist Daniel Hermes, Schlagzeuger Jan Niemeyer, Dimitrie Miron an der Geige sowie Simeon Miron am Kontrabass ihr Ziel, das da lautete: Bereite deinen Zuhörern mindestens genauso viel Freude wie dir selbst. „Ich gehe keinen Schritt mehr weiter fort von hier“, klang Hermes' lyrischer Sprechgesang bei „Keinen Schritt“, dem optimistischen Feel-Good-Highlight des Abends, aus den Boxen – „jeder weitere Schritt führt viel zu weit von dir“. Auch dem Publikum fiel es schwer, sich nach diesem Abend voll erstklassiger Unterhaltung, gekrönt von lautstarken Beifallsbekundungen, loszureißen: Denn live waren „Schlagsaite“ noch kraftvoller, noch energischer, noch ausgelassener als in ihren Studioaufnahmen.

Draußen goss es noch immer in Strömen, und mit einem Hauch von Wehmut spannten die Folk-Liebhaber nach zwei Stunden ihre Schirme auf, um sich auf den Heimweg zu wagen. Es mochte nach wie vor Herbst auf der ganzen Linie herrschen, doch wer gemeinsam mit „Schlagsaite“ in der Abendsonne gebadet hatte, auf den wirkten die nassen Regenvorhänge angesichts der wohligen Glut, die die Band mit all ihrer Leidenschaft und all ihrem Herzblut entfacht hatte, auf einmal nur noch wie warme Sommerschauer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort