SPD-Kreisparteitag Franz Müntefering zeigt sich in Wahlkampflaune

RHEIN-SIEG-KREIS · Mit Franz Müntefering als Festredner hat die SPD Rhein-Sieg am Samstag ihren Kreisparteitag abgehalten und zugleich 150 Jahre SPD gefeiert. Müntefering blickte in Windeck auf die Geschichte seiner Partei zurück und wies auf die Wichtigkeit des politischen Nachwuchses hin, um den auch die SPD im Kreis kämpfen muss. Kurz zuvor war ein Antrag der Jungsozialisten abgewiesen worden, der eine feste Quote für Jusos auf der Kreistagsreserveliste gefordert hatte.

 Zu Besuch: Franz Müntefering (vorne, Mitte) macht beim Kreisparteitag der SPD Station.

Zu Besuch: Franz Müntefering (vorne, Mitte) macht beim Kreisparteitag der SPD Station.

Foto: Andreas Dyck

Schlechte Umfragewerte und ein kriselnder Kanzlerkandidat - die SPD steckt mitten im Wahlkampf, während sie ihr 150-jähriges Bestehen feiert. Und wenn Deutschlands älteste Partei einen solch runden Geburtstag begeht, ist es ein bisschen so wie beim Großvater: Der Blick auf Vergangenes kommt nicht zu kurz. Dass sich die SPD nicht auf ihrer Vergangenheit ausruhen will, hob Müntefering hervor. Doch um den Genossen Mut zuzusprechen, blickte auch er zunächst auf die Errungenschaften seiner Partei zurück.

"So ein Geburtstag ist auch immer eine Tankstelle für Herausforderungen von morgen", sagte Müntefering, bevor er die großen Augenblicke der Sozialpolitik anzapfte. Angefangen bei der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins in Leipzig durch Ferdinand Lassalle im Jahr 1863 über das Godesberger Programm von 1959, das den Anspruch der SPD formulierte, Volkspartei zu sein, bis zu den Regierungsjahren unter Willy Brandt und Helmut Schmidt erinnerte Müntefering an die großen Meilensteine.

Die rund 160 Zuhörer in der Aula der Gesamtschule Windeck waren begeistert. So auch Albert Thüssing: "Besonders berührt hat mich die Erinnerung an Otto Wels Aussage zu den Ermächtigungsgesetzen." "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht", hatte Wels der NSDAP nach ihrer Machtergreifung 1933 zugerufen.

Nach seiner historischen Rückschau übte Müntefering scharfe Kritik am politischen Gegner und an "neoliberaler Marktwirtschaft". "Wir müssen dafür sorgen, dass diese Politik gestoppt wird", rief er seinen Parteigenossen zu. Doch statt zu handeln würde die CDU-geführte Regierung bei Themen wie Europa, Pflegereform, Fachkräftemangel und Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine Politik des Stillstands betreiben. "Probleme landen hier einfach in der Schublade", so Müntefering, der selbst nicht mehr für den Bundestag kandidiert.

Nun sei es an der SPD, mit ihren Werten und ihrer Politik zu überzeugen. "Wir müssen uns aber auch die Frage stellen, wo der Nachwuchs herkommt für all' die Aufgaben, denen wir uns stellen wollen", so Müntefering mit Blick auf Nachwuchsprobleme.

Sara Zorlu, Kreisvorsitzende der Jungsozialisten (Jusos), zeigte sich beeindruckt von der Rede: "Seine Worte geben uns Kraft und ermutigen dazu, sich vor Ort für soziale Politik einzusetzen." Enttäuscht sei sie hingegen über das Scheitern des Antrags der Jusos, der eine feste Quote der SPD für die Nachwuchspolitiker auf der Reserveliste für den Kreistag gefordert hatte.

Einzelne Ortsvereine hatten die Sorge gehabt, den Nachwuchs für eine feste Quote nicht zur Verfügung stellen zu können. "Ich finde das bedauerlich, denn wir sind überzeugt, dass dieser Antrag wichtig war, um jüngeren Wählern eine stärkere Stimme zu geben", so Zorlu. "Die Ortsvereine stehen in der Pflicht, Jugendliche anzuwerben, damit es in Sachen Nachwuchs nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt."

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