Herbert Knebel in Sankt Augustin und Siegburg Weder Spießer noch Kotzbrocken

Siegburg/Sankt Augustin · Die Figur Herbert Knebel gehört mittlerweile zum Kulturgut des Ruhrgebiets. Der "voll im Saft stehende Mittfünfziger mit Designermütze und maßgeschneidertem Seniorensakko", wie sein Schöpfer, Uwe Lyko, ihn beschreibt, parodiert vordergründig den durchschnittlichen Pilsverkoster von der Trinkhalle, die typisch für den Pott ist.

 Der Comedy-Künstler Herbert Knebel bei einem seiner früheren Auftritte.

Der Comedy-Künstler Herbert Knebel bei einem seiner früheren Auftritte.

Foto: dpa

Allerdings erzählt Knebel, der als Rentner in Essen-Altenessen lebt, laut Lyko "mit so subtiler Schläue, dass man den tieferen Sinn zuerst gar nicht mitbekommt" - und dann umso befreiter auflacht. Was modern ist, außergewöhnlich oder gar unfassbar, bringt er mit Hintersinn zurück auf den Boden der Tatsachen. Knebel verknüpft seine Geschichten ganz locker zu einem Gesamtbild der Ruhrstadt und ihrer Bewohner, einfacher Leute, deren Gewitztheit man besser nicht unterschätzen sollte. Mit seinem neuen Programm "Ich glaub, ich geh kaputt ...!" gastiert Lyko am kommenden Samstag in Sankt Augustin. Unser Mitarbeiter Paul Kieras wollte wissen, was und wer Herbert Knebel wirklich ist.

Seit 26 Jahren verkörpern Sie den Rentner Herbert Knebel, betonen aber immer, dass Uwe Lyko und die Kunstfigur zwei verschiedene Personen sind. Gibt es trotzdem Gemeinsamkeiten?
Uwe Lyko: Natürlich fließen auch Züge von mir in die Person Herbert Knebel ein. So ist eine unserer gemeinsamen Schwächen die Ungeduld. Beide haben wir beispielsweise eine große Liebe zum Fußball. Und haben - wie wir hier im Ruhrgebiet, aber wohl auch anderswo sagen - das Herz am rechten Fleck.

Was ist Herbert Knebel für ein Mensch?
Lyko: Er ist auf jeden Fall kein Spießer, wie er manchmal charakterisiert wird, sondern nimmt gerade den aufs Korn. Also denjenigen, der hinter der Gardine alles beobachtet, sich über Falschparker aufregt oder über den Gartenzaun des Nachbarn. Er hat eher eine anarchische Ader und ist trotz seiner cholerischen Ausbrüche kein Kotzbrocken, sondern sympathisch. Das ist auch der Grund, weshalb die Leute zu meinen Auftritten kommen. Sie haben einfach Spaß, erkennen Situationen oder andere Menschen in den Geschichten um Herbert Knebel wieder. Sie wollen einfach für eine Zeit die Sorgen des Alltags vergessen.

Werden Sie auf der Straße als Herr Knebel oder als Herr Lyko begrüßt, oder erkennt man Sie gar nicht?
Lyko: Von vielen Herr Lyko. Es gibt aber auch Leute, die sagen: Dat gibt et doch gar nich, der Hebät. Mittlerweile bin ich natürlich auch durch meine regelmäßigen Auftritte bei den Mitternachtsspitzen und aus verschiedenen anderen Sendungen bekannt. Die Leute wissen also, wie Uwe Lyko aussieht. Zum Glück habe ich aber ein sehr angenehmes Publikum, das mir nicht so auf die Pelle rückt, wie Kollegen es in ihrem Fall berichten.

Ältere kennen diese "Knebels" noch aus früheren Zeiten von den Trinkhallen oder als Zuschauer auf den Ascheplätzen beim Fußballspiel am Sonntagmorgen. Stirbt dieser Typ aus?
Lyko: Nein, den gibt es immer noch, wenngleich sich natürlich sein Outfit mit der Zeit geändert hat. Aber die Mentalität ist geblieben. Ich möchte allerdings noch einmal betonen, dass Herbert Knebel eine Kunstfigur ist, zwar authentisch, aber keine Figur, die das Ruhrgebiet widerspiegeln soll.

Sie sagen auch, dass Herbert Knebel nur deshalb ein "Ruhri" sei, weil Sie im Ruhrgebiet geboren sind und Ihr künstlerisches Alter Ego auch Ostfriese oder Bayer sein könnte.
Lyko: Es geht ja in erster Linie um die Geschichten, nicht den Typ an sich. Die Storys lassen sich transferieren, sind nicht an die Person gebunden. Natürlich wäre Herbert Knebel dann eben Norddeutscher oder Bayer. Aber auch so kommt er überall gut an, das sehe ich ja bei meinen Auftritten in ganz Deutschland.

Wo finden Sie Ihre Geschichten, mischen Sie sich unters Volk?
Lyko: Nein, ich gehe ganz normal einkaufen und benutze auch öffentliche Verkehrsmittel. Aber ich habe Antennen für skurrile Situationen und Leute. Meine Erlebnisse fließen dann in die Geschichten ein.

Welche Art von Comedy mögen Sie nicht, und was ist für Sie tabu?
Lyko: Die Brachialcomedy, von der ich mich laut Aussage meines Publikums wohltuend unterscheide. Ich würde zum Beispiel nicht noch auf jemanden treten, der schon am Boden liegt. Rassismus und Sexismus sind auch kein Thema. Wenn Herbert Knebel doch einmal anzüglich wird, hat das einen anderen Stellenwert als bei einigen anderen Comedians, denn er macht es mit einem Augenzwinkern. Ebenso sind Witze über Lesben und Schwule tabu. Für mich sind gegenseitiger Respekt, Toleranz und Achtung wichtig. Ich finde es auch nicht lustig, sich minutenlang über die Mundwinkel von Angela Merkel auszulassen. Das ist weder witzig noch politisch und daher übrigens auch im politischen Kabarett fehl am Platz.

Herbert Knebel gastiert an diesem Samstag mit seinem "Affentheater - Männer ohne Nerven" in der Aula des Rhein-Sieg-Gymnasiums in Sankt Augustin. Die Veranstaltung ist zwar ausverkauft, Knebel kommt aber am Samstag, 25. April, um 20 Uhr mit seinem Programm "Ich glaub, ich geh kaputt ...!" noch einmal in die Rhein-Sieg-Halle nach Siegburg. Restkarten gibt es für 33,10 Euro in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

Zur Person

Uwe Lyko wurde am 22. September 1954 in Duisburg-Neumühl geboren und lebt heute in Essen. Kurz nach seiner Ausbildung zum Fernmeldetechniker begann er Theater zu spielen und wurde Sänger bei einer Punkband. 1988 schuf er die Kunstfigur "Herbert Knebel" und gründete die Komikertruppe Herbert Knebels Affentheater, mit der er bis heute tourt. Seit fast 20 Jahren tritt er auch als Solokünstler auf. Bei Jürgen Beckers Sendung Mitternachtsspitzen gehört er zum festen Ensemble.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort