Tag des Friedhofs Unruhe um die letzte Ruhe

RHEIN-SIEG-KREIS · Die letzte Ruhestätte steht am Wochenende im Fokus. Doch wer kümmert sich um einsam Verstorbene? Einige Kommunen lassen sie fernab der Heimat beisetzen. Das kritisiert die Kirche.

Es ist ein Satz, der berührt. Und traurig macht. "Papa, ich hätte noch so gerne mit Dir gesprochen." Ein Teenager-Mädchen hat ihn bei einem der Gedenkgottesdienste für die sogenannten Unbedachten in Siegburg geschrieben. Es sind Menschen, die oft niemanden mehr haben. Menschen, die alleine sterben. Menschen, deren Beisetzung nicht die Familie organisiert - sondern das jeweilige Ordnungsamt. Eine ordnungsamtliche Bestattung nennt sich das dann. Das Amt zahlt auch dafür. Die Vorgabe: Die Bestattung soll so günstig wie möglich sein.

Gottesdienste für Unbedachte

Die Gottesdienste für Unbedachte finden alle drei Monate in Siegburg statt. Mit dabei: Ruth Kühn vom Treffpunkt am Markt, einer Einrichtung des Kreiskatholikenrates Rhein-Sieg. Und Kühn erinnert sich gut an das Mädchen und ihre Geschichte. Aus dem rechtsrheinischen Kreis stammte es, lebte nicht mehr bei seinen leiblichen Eltern. Der Kontakt zum Vater: abgebrochen. Aus der Zeitung erfuhr sie, dass er gestorben war.

"Das war eine ganz traurige Sache", erzählt Kühn. Das Mädchen brauchte lange am Kondolenzbuch, um Worte zu finden, sagt Kühn. Wo der Vater beigesetzt ist, weiß Kühn nicht. Es ist einige Jahre her, damals bestattete die Stadt Siegburg ihre Unbedachten noch nicht im Stadtgebiet. Seit 2013 ist das anders, auf dem Nordfriedhof gibt es eine Fläche für sie - die Bestandteil des Tages des Friedhofs ist, der am Samstag und Sonntag bundesweit stattfindet.

"Geld sollte kein Argument sein"

Doch Siegburg ist eine Ausnahme, zuletzt hatte es etwa in Sankt Augustin Kritik von den Kirchen gegeben, weil die Stadt ihre Unbedachten nach der Einäscherung am Rhein-Taunus-Krematorium bei Braubach etwa 100 Kilometer entfernt von der Heimat bestattet - aus Kostengründen. "Das Angebot des Krematoriums ist verlockend preiswert", sagt Andrea Müller, Leiterin des Siegburger Standesamtes. Für Walter Kühn vom Siegburger Café T.O.D. ist es eine Stilfrage. "Die Unbedachten an einem entfernten Krematorium zu bestatten, hat für mich etwas von Entsorgung. Ein schwaches Zeichen. Geld sollte kein Argument sein."

Insgesamt sind es laut Sankt Augustins Bürgermeister Klaus Schumacher zehn bis 15 Menschen pro Jahr, die bei Braubach bestattet werden. Rücktransport sowie Beisetzung in Sankt Augustin kosten laut ihm zusätzlich 600 Euro pro Totem, also zwischen 6000 und 9000 Euro jährlich. "Das liegt im Bereich der freiwilligen Ausgabe. Da wir im Haushaltssicherungskonzept sind, müssten wir dann an anderer Stelle sparen", sagte Schumacher zuletzt.

Die Stadt Siegburg handelte bis vor zwei Jahren wie Sankt Augustin, mittlerweile lässt sie die Unbedachten verbrennen, dann kommen sie zurück - zumindest wenn sie in Siegburg gewohnt haben und nicht nur in Siegburg gestorben sind. "Die Leute haben hier teilweise 50 Jahre gelebt, haben also ein Recht darauf, hier bestattet zu werden", sagt Müller. Eine Tür steht auch auf dem Gräberfeld. "Sie soll zeigen, dass wir dort irgendwann alle durch müssen", sagt Walter Kühn.

Platz für Urne kostet 950 Euro

Sieben Kreuze stehen mittlerweile auf dem Friedhof. Müller sagt: "Die Tendenz steigt, das wird mehr." Der Platz für die Urne kostet normalerweise 950 Euro, die Urne ins Grab zu lassen 199 Euro. Eine Rechnung stellt Müller nicht aus, das ist so geregelt worden.

Auch in Sankt Augustin wollen die Kirchen ihre Unbedachten in der Heimat bestatten lassen, sie möchten einen Teil der Kosten übernehmen (siehe nebenstehendes Interview). Die Stadt Hennef verfährt wie Sankt Augustin. Es sind etwa vier bis sieben dieser Bestattungen pro Jahr, teilte Sprecher Dominique Müller-Grote mit.

In Niederkassel ist es ähnlich: Die beiden ordnungsbehördlichen Bestattungen in diesem Jahr gingen ebenfalls bei Braubach vonstatten. Im Vorjahr gab es sechs dieser städtischen Beisetzungen, vier Erd- und zwei Feuerbestattungen. Die Einäscherungen nahm das Rhein-Taunus-Krematorium vor. Eine Urne fand ihren Platz direkt vor Ort, die andere wurde auf zu Lebzeiten geäußerten Wunsch des Verstorbenen in einem Friedwald platziert.

Bei der Stadt Troisdorf ist die Größenordnung aufgrund der höheren Einwohnerzahl eine andere: Im Vorjahr erfolgten 24 ordnungsbehördliche Bestattungen, in diesem Jahr bereits 23. Die anonyme Urnenbeisetzung erfolgt laut Stadt außerhalb von Troisdorf.

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