Gutachten zum "Stark'schen See" Ingmar Gorissen: Ein Leben für die Natur

SIEGBURG · Seit frühester Jugend hat der Siegburger Landschaftsplaner und wissenschaftliche Autor Ingmar Gorissen die Erhaltung der Natur und ihrer Artenvielfalt zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Der Fachmann wird als Sachverständiger bei unterschiedlichen Projekten hinzugezogen, seine Meinung hat Gewicht. Gerade erst hat er mit seinem Gutachten zur Bebauung am "Starck'schen See" für Aufsehen im städtischen Planungsausschuss gesorgt.

 Natur-Experte: Ingmar Gorissen untersucht Teiche, hier im Lohmarer Wald bei Stallberg.

Natur-Experte: Ingmar Gorissen untersucht Teiche, hier im Lohmarer Wald bei Stallberg.

Foto: Paul Kieras

Wie berichtet, sollen dort direkt am See fünf Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Gorissen, der während Forschungsarbeiten in Siegburg auf die Pläne aufmerksam wurde, äußerte Bedenken: Er sieht das Gewässer als gefährdet an und nahm damit eine Gegenposition zu dem Umweltbericht ein, der Teil des Planentwurfs ist. Auch sonst ist der Fachmann in Siegburg und Umgebung tätig. Zurzeit arbeitet er im Auftrag des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft und der Unteren Landschaftsbehörde zusammen mit einem Team aus zwölf Experten an einem Projekt. Dabei geht es um die Entwicklung der alten Teiche, die im Wald nördlich von Siegburg liegen, zwischen dem Wanderparkplatz an der B 56 bis hin zur Stadtgrenze zu Lohmar.

"Hier gab es 800 Jahre lang rund 200 Hektar Moor- und Heidelandschaft", erklärt Gorissen. Ab dem Jahr 1850 habe der damalige Förster mehr als 250 Teiche mit der Begründung trockengelegt, von ihnen gehe Malaria-Gefahr aus. Zwei bis drei Hektar Land sollen nun wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt werden. "Was wir hier an Pflanzen und Tieren finden, ist einmal die rote Liste rauf und runter", erklärt der Experte für Kulturlandschaften neben einem kleinen Teich, an dem sich schon kurze Zeit nach seiner Reaktivierung wieder seltene Arten angesiedelt haben, wie er sagt.

Geplant ist, Teile des künstlich angelegten Waldes wieder als offene Landschaft zu gestalten, auf der Konik-Pferde, Schafe, Ziegen und rheinische Glanrinder weiden. In die Planung einbeziehen möchte er das alte Forsthaus am Stallberg, denn das sei als einziges von sieben Gehöften auf dem Areal übriggeblieben und damit ein wichtiges Zeitzeugnis. Die Naturverbundenheit hat Ingmar Gorissen von seinen Eltern geerbt, den Blick für landschaftliche Veränderungen von seinem Großvater, einem Geschichtsexperte.

Bereits als Jugendlicher zog es ihn nach draußen, ab dem 15. Lebensjahr engagierte er sich ehrenamtlich im Bereich Naturschutz, er absolvierte auf dem Gebiet auch seinen Zivildienst. Sein "Revier" waren hauptsächlich der Lohmarer Wald - und dort vor allem die Stallberger Teiche, die Trockenbiotope der Wolsberge, aber auch die Wahner Heide und das Siebengebirge. Schon als Schüler wurde er bei verschiedenen Behörden vorstellig, etwa bei der Unteren Landschaftsbehörde, um auf schutzwürdige Biotope aufmerksam zu machen, "auf Wald und Entwässerungsgräben, die da nicht hingehörten".

Man nahm ihn durchaus ernst, "weil ich wissenschaftlich argumentiert habe", so Gorissen, der sich selbst als "Pionier im Umweltschutz" bezeichnet. Er sei immer auf offene Ohren gestoßen. Denn in den 1980er Jahren sei der Umweltschutz "populär und politisch angesagt" gewesen. Als Schüler und später als Student schrieb er erste Sachbücher. Sein umfangreichstes Werk befasst sich mit der "Flora der Region Bonn" - so auch der Titel des 611 Seiten starken Buches.

Zwischen 1981 und 2013 hat Gorissen in mehr als 1200 Exkursionen und mehreren tausend Stunden Auswertungen unter der Mitwirkung und Zuarbeit von vielen Fachkollegen sowie in enger Kooperation mit dem Naturhistorischen Verein in Bonn insgesamt 2019 einheimische und eingebürgerte Farn- und Blütenpflanzen in der Region Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises erfasst und den Florenwandel dokumentiert. "Darunter sind kleinste Pflanzen, die ich in Pflasterritzen oder Lichtschächten gefunden habe ebenso wie die an Gewässern oder abgestorbenen Bäumen", berichtet der Landschaftsökologe.

Wenn er einmal nicht ganz Deutschland in Sachen Natur durchstreift, reist er gerne. Andere Hobbys hat er nicht. In seiner Freizeit schreibt er seine Entdeckungen nieder.

Die Planung am "Stark'schen See"

Der Planungsausschuss hat jüngst das Bebauungsplanverfahren für das Gebiet zwischen Bernhardstraße und den Straßen "An den Seeswacholdern" und "Am Brungshof" eingeleitet. Neben dem dort liegenden "Stark'schen See" sollen fünf Mehrfamilienhäuser mit 29 Wohnungen entstehen. Der Ausschuss hatte einige Zweifel und Fragen, die nun im Verfahren behandelt werden sollen. Zu dem Plan richtet die Stadt am Montag, 29. September, ab 19.30 Uhr eine Infoveranstaltung im Rathaus aus, wo die Entwürfe bis zum 5. November ausliegen.

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