Ambulanter Hospizdienst Sankt Augustin wird 20 Jahre alt "Der Hospizdienst muss bekannter werden"

Seit 20 Jahren gibt es das ambulante Angebot in Sankt Augustin: Feier mit Benefizabend am Donnerstag, 28. Mai. Interview mit dem Vorsitzenden Gerhard Jankowski zum Geburtstag.

 Eine ehrenamtliche Helferin hält die Hand einer Seniorin. Sie begleitet Sterbende auf ihrem letzten Weg.

Eine ehrenamtliche Helferin hält die Hand einer Seniorin. Sie begleitet Sterbende auf ihrem letzten Weg.

Foto: dpa

Der evangelische Pfarrer im Ruhestand, Gerhard Jankowski (78), ist überzeugt, dass es eine Alternative zur Sterbehilfe gibt. Er sieht sie in der weiterentwickelten Palliativmedizin ebenso wie in der Sterbebegleitung im Hospiz oder durch einen ambulanten Hospizdienst.

Seit 20 Jahren gibt es einen solchen Dienst in Sankt Augustin. Und diesen runden Geburtstag wollen die etwa 120 Mitglieder in diesem Jahr unter anderem mit einem Benefizabend am Donnerstag feiern. Solche Veranstaltungen sind wichtig für den Verein, denn sie sind eine feste Säule im Finanzierungsmodell für das Begleitangebot für Sterbende und deren Angehörige. Anlässlich des Geburtstags sprach Martina Welt mit dem Vereinsvorsitzenden der Ökumenischen Initiative für Sankt Augustin, Siegburg und Troisdorf, Gerhard Jankowski.

Warum hat sich die Initiative vor 20 Jahren gegründet?

Gerhard Jankowski: Auslöser damals war wohl ein Vortrag des Vereins Dignitas, der sich für die Sterbehilfe stark macht, zu dem der damalige Pfarrer Wolfgang Reuter eingeladen hatte. Den Teilnehmern an diesem Vortragsabend war klar, dass es eine Alternative zur Sterbehilfe geben müsse. Eine Handvoll Menschen gründete kurz darauf die Ökumenische Initiative zur Betreuung Schwerkranker und Sterbender. Später kam die Trauerbegleitung hinzu.

Wie muss man sich das praktisch vorstellen?

Gerhard Jankowski: Es gab damals genügend Menschen, die auf rein ehrenamtlicher Basis eine einjährige Ausbildung absolvierten, um danach Sterbende begleiten zu können. Diese Ausbildung ist bis heute die Voraussetzung zu diesem Ehrenamt.

Aus welcher Motivation heraus melden sich die Menschen beim Hospizdienst?

Gerhard Jankowski: Meist haben Angehörige von Schwerkranken in Gesprächen mit Ärzten oder aber auf der Palliativstation eines Krankenhauses gehört, dass es diesen Dienst gibt. Es sind in der Regel die massiven Ängste vor einem einsamen Sterben, die sie zu uns führen. Manchmal ist es auch der Wunsch nach Rat und Unterstützung in den letzten Augenblicken des Lebens. Die Angst vor Schmerzen beim Sterben kann heute eine gute Palliativmedizin nehmen.

Welche Voraussetzung sollte man mitbringen, wenn man Sterbebegleiter werden möchte?

Gerhard Jankowski: Bei der Begleitung kommt es sehr stark auf das Zuhören an. Manchmal kann eine Begleitung länger dauern, die schwere Lebenssituation der Patienten muss mitgetragen werden, unausgesprochene Gedanken müssen ausgetauscht werden. Jeder kann Sterbebegleiter werden, wenn er das möchte. Die meisten, die bei uns mitarbeiten, haben jedoch Erfahrungen mit dem Tod aus der Familie oder durch Kontakte zu einem Hospiz. Der erste Kontakt sollte der zu den Koordinatorinnen sein, die hauptamtlich bei uns beschäftigt sind.

Gibt es auch positive Effekte für die Begleiter im ambulanten Hospizdienst?

Gerhard Jankowski: Sie wissen, was Sterben bedeutet und sprechen auch von beglückenden Momenten, wenn es gelungen ist, den letzten Weg des Sterbenden zu erleichtern. Auch die Wertigkeiten in ihrem Leben verändern sich durch diese oft sehr emotionalen Erfahrungen mit sterbenden Menschen.

Herr Jankowski, haben Sie Angst vor dem Tod?

Gerhard Jankowski: Ich habe keine Angst vor dem Sterben, hätte jedoch möglicherweise große Angst vor den Schmerzen, die ich in meiner Zeit als Pfarrer oftmals bei Menschen mit schweren Krebserkrankungen miterleben musste. Vor 20, 30 Jahren war es für mich sehr schwer, Besuche auf einer Krebsstation zu machen und mit den unter Schmerzen stöhnenden Menschen dort zu reden. Heutzutage ist die Medizin in der Lage, den Sterbenden die Schmerzen zu nehmen.

Welche Wünsche haben Sie denn für die Zukunft des Hospizdienstes?

Gerhard Jankowski: Der Hospizdienst muss in Zukunft bekannter werden. Viele Menschen, die ihr Leben wegen einer unheilbaren, schweren Krankheit beenden möchten, kennen die Möglichkeiten der Palliativmedizin und des Hospizdienstes noch nicht. Wir veranstalten deshalb jedes Jahr Abende zur Hospizarbeit, um dieses Thema öffentlich zu machen. Auch ist nicht unbedingt bekannt, dass es in Lohmar-Deesem, in Köln-Porz, in Bad Godesberg und bald auch in Troisdorf am Sankt-Josef-Hospital Hospize gibt, in denen die Sterbenden die letzte Zeit vor dem Tod in Würde und vor allem ohne Schmerzen und mit intensiver Betreuung verbringen können.

Zur Person

Gerhard Jankowski (78) wurde in Masuren geboren und ist 1945 im Alter von acht Jahren mit seiner Familie nach Köln-Libur gekommen. Nach dem Abitur in Köln-Porz studierte er Theologie und übernahm danach dann eine Pfarrstelle in Köln an. Auch in Siegburg an der Auferstehungskirche war Jankowski Pfarrer. Seine letzte berufliche Station war in Bad Breisig, bevor er 1999 in den Ruhestand ging. Seit zehn Jahren ist Jankowski im ambulanten Hospizdienst im Vorstand aktiv und seit 2014 Vorsitzender des Vereins mit Sitz in Sankt Augustin.

Der Verein

Der ambulante Hospizdienst ist eine ökumenische Initiative zur Begleitung Schwerkranker, Sterbender und Trauernder. Hervorgegangen ist der Verein aus den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in Niederpleis und ist zuständig für Sankt Augustin, Siegburg und Troisdorf. Die Angebote sind kostenlos. Sprechzeiten sind montags bis freitags von 9 bis 11 Uhr unter Telefon 02241/29792. Zum 20.Geburtstag findet am Donnerstag, 28. Mai, ab 19.30 Uhr ein Benefizabend im Dietrich-Bonhoeffer-Haus statt. Der Eintritt ist frei.

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