Interview mit Pfarrerin Almut van Niekerk "Das hat etwas mit Anstand zu tun"

Pfarrerin Almut van Niekerk ist Assessorin des Evangelischen Kirchenkreises an Rhein und Sieg. Matthias Hendorf sprach mit ihr.

Frau van Niekerk, nimmt die Anzahl der Unbedachten zu?
Almut van Niekerk: Ja, diesen Eindruck habe ich. Das hat auch mit der Situation der Gesellschaft zu tun. Ich erlebe zunehmend, dass Familien sich etwa über ein Erbe entfremden, der Kontakt abbricht. Es sind eben nicht nur Obdachlose und Drogentote, sondern ganz "normale" Familien.

Alle drei Monate findet in Siegburg ein ökumenischer Gedenkgottesdienst für Unbedachte aus dem Kreis statt. Warum?
Van Niekerk: Er gibt ihnen ein Stück Würde zurück.

Siegburg bestattet seine Unbedachten auf dem Nordfriedhof und nicht anonym am Krematorium.
Van Niekerk: Ich finde das sehr gut. Das hat etwas mit Anstand zu tun. Es sind Bewohner der Stadt gewesen, mit denen sollte sie würdig umgehen. Und der finanzielle Aufwand ist nicht so hoch.

Könnte die Kirche sich nicht an den Kosten der Kommunen beteiligen?
Van Niekerk: Wir haben zumindest schon in Sankt Augustin das Angebot ganz konkret gemacht: Wir würden die Kosten der Trauerfeiern für Pfarrer, Organist und so weiter bezahlen. Und kämen für die vernünftige Gestaltung des Grabfeldes auf dem Friedhof auf.

Verstehen Sie Politiker, die sich angesichts knapper Haushaltskassen schwer tun, die anfallenden Kosten zu übernehmen?
Van Niekerk: Absolut. Und ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, dass man Unbedachte gegen Flüchtlinge oder Suchthilfe ausspielt. Aber wir reden ja nicht von 100 Unbedachten pro Jahr.

Was fordern Sie?
Van Niekerk: Ich möchte, dass sich alle Beteiligten in den jeweiligen Kommunen an einen Tisch setzen. Dann glaube ich, dass wir das Problem gemeinsam lösen, wenn jeder etwas beiträgt.

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