Weltmeister-Abend Das Finale am Arbeitsplatz

RHEIN-SIEG-KREIS · Als Deutschland zum dritten Mal Fußball-Weltmeister wurde, 1990, war Kathrin Zorn gerade mal zwei Jahre alt. Den Elfmeter von Andreas Brehme, der den 1:0-Sieg brachte, verpasste sie. Und als Deutschland zum vierten Mal Weltmeister wurde, 2014, am Sonntagabend, verpasste Kathrin Zorn das Siegtor erneut

 Mit schwarz-rot-gelber Hawaii-Kette arbeitet Stationsleiterin Kathrin Zorn während des Finales im Siegburger Krankenhaus.

Mit schwarz-rot-gelber Hawaii-Kette arbeitet Stationsleiterin Kathrin Zorn während des Finales im Siegburger Krankenhaus.

Foto: Heinemann

Als Mario Götze in der 113. Minute die Flanke von André Schürrle verwandelte, war die 26-jährige Krankenschwester im Siegburger Helios-Klinikum gerade beim Aufräumen.

"Ich habe die Jubelschreie gehört und bin ganz schnell in unser ,WM-Zimmer' gerannt", berichtet Kathrin Zorn dem GA. Auf Station 2 C im Siegburger Krankenhaus, die die 26-Jährige leitet, war zur Weltmeisterschaft extra ein Raum eingerichtet worden, in dem die Patienten gemeinsam die Fußballspiele auf dem Fernseher verfolgen konnten. "Da habe ich dann natürlich während meiner Schicht sehr oft vorbeigeschaut", sagt Kathrin Zorn mit einem Lächeln. Ihr Nachtdienst war schon lange vor der WM eingeteilt worden, ans Tauschen zum Finale war nicht mehr zu denken: "Irgendwer muss es ja machen", sagt die Stationsleiterin, "ich habe mich auch so riesig gefreut."

Ähnlich sieht das auch Tidjani Diané. Der 19 Jahre alte Abiturient ist Fußball-Fan, hatte aber Dienst in der Aral-Tankstelle an der Bonner Straße in Sankt Augustin. Der Dienstplan wurde in seinem Urlaub erstellt. "Tauschen wollte ich dann aber nicht. Das wollte ich meinen Kollegen nicht antun." Wie gut aber, wenn man Freunde hat - und eine tolerante Chefin. Sein Kumpel brachte einen Fernseher mit, und so durfte Tidjani Diané zwischendurch immer mal wieder das Spiel schauen.

Zwar war es bis kurz vor dem Spiel rappelvoll in dem Tankstellenshop. "Kundschaft war danach aber kaum da, ich musste halt das Bistro sauber machen, den Shop putzen und die Getränke nachfüllen." Um 23 Uhr schließt die Tankstelle. "Danach konnte ich ganz entspannt gucken", sagt Diané. Das Tor hat er gesehen, und er fand es okay, dass er arbeiten musste. "Einer muss es ja tun." Mit seinem Kumpel ist er nach dem Spiel noch nach Bonn gefahren. "Autokorso und ein bisschen feiern."

Der deutsche WM-Titel wurde im Kreis noch bis in die frühen Morgenstunden gefeiert. Schon kurz nach dem Sieg der deutschen Mannschaft hatte Wilfried Dreck sein großes Banner in Siegburg am Kreisverkehr Wellenstraße aktualisiert: "Hurra, wir sind Weltmeister!", heißt es von dort. Durch die Siegburger Innenstadt fuhren bis fast 2 Uhr nachts Fußballfans im Autokorso, schwenkten Fahnen, hupten und jubelten. Irgendjemand entzündete sogar ein Feuerwerk. In der "8Bar" am Siegburger Bahnhof wurde noch gefeiert, als die ersten Berufstätigen schon wieder auf dem Weg zur Arbeit waren. Weltmeister wird man eben nicht alle Tage.

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