"Siegburger Blätter" beschreiben das Kriegsende Als die Amerikaner kamen

SIEGBURG · Mit dem Kriegsende in der Kreisstadt vor 70 Jahren, das dort bereits einen Monat früher als im "Gesamtdeutschen Reich" stattfand, befasst sich die 50. Ausgabe der Siegburger Blätter, die erstmals 2004 erschienen und vom Stadtarchiv herausgegeben wurden. Ab jetzt erscheinen die Hefte in der "Edition Blattwelt" von Reiner Zado, der seit der ersten Ausgabe für die grafische Gestaltung verantwortlich ist.

 Blick auf den oberen Markt in Siegburg gegen Kriegsende 1945.

Blick auf den oberen Markt in Siegburg gegen Kriegsende 1945.

Foto: STADTARCHIV SIEGBURG/REPRO: GA

Die Autorin, Stadtarchivarin Andrea Korte-Böger, hat dieses Mal ihre "Quellen sprechen lassen", um dem Leser eine Vorstellung vom "Ende des tausendjährigen Reiches in Siegburg" - so der Untertitel des Heftes - aus verschiedenen Blickwinkeln zu vermitteln.

Eine Beschreibung der Situation in dieser Zeit lieferte Korte-Böger unter anderem die städtische Kriegschronik, die von der damaligen Stadtarchivarin, Maria Geimer, aufgeschrieben wurde.

Dabei handelt es sich keineswegs um nüchterne Zahlen und Fakten, sondern zum Teil emotional geschilderte Eindrücke. So ist zu lesen, dass sich der deutsche Widerstand an der unteren Sieg nach dem Überqueren des Rheins durch die Amerikaner "zu nutzlosen, opfervollen und mehrere Wochen andauernden Kämpfen" entwickelt habe. Die Kampfwochen seien "eine harte Bewährung und des mutigen Ausharrens" gewesen.

Als weitere Quelle nutzte Korte-Böger die Wolsdorfer Pfarrchronik, die Pfarrrektor Heinrich Dresen führte, der in den Wochen vorher die Bevölkerung auf einem Flugblatt zur Kapitulation aufgefordert hatte. Dresen notierte: "Die erste Predigt im vierten Reich hielt ich am Sonntag, 15. April 1945. Ich wählte zum Vorspruch die Epistel des Sonntags: Ihr wart wie verirrte Schafe."

Ein beeindruckendes Zeitzeugnis fand die Autorin darüber hinaus in den Tagebuchaufzeichnungen der 17-jährigen Maria, die laut Korte-Böger "völlig an den Krieg gewöhnt war" und "Zerstörungen, Tote, Ängste fast nebenbei erwähnt."

Die 50. Ausgabe der Blätter endet auch mit einem Satz Marias, die sich laut eigener Notiz die Eroberung der Stadt nicht so friedlich vorgestellt hatte: "Wir alle haben auf den gut überstandenen Schreck einen selbstgebrauten Eierlikör getrunken."

Ebenfalls an den 70. Jahrestag des Kriegsendes wurde bei einem ökumenischen Gottesdienst in der Krankenhauskapelle mit anschließendem Schweigemarsch und Kranzniederlegung an der Kapelle "Maria im Frieden", Ringstraße, am 10. April gedacht.

Erinnert wurde dabei auch an zwei Siegburger Bürger, die noch ihr Leben lassen mussten, als die Amerikaner schon über die Alleestraße Richtung Innenstadt vorrückten. Peter Zerwas und Hilarius Schmitz, die den Soldaten mit weißen Fahnen entgegenliefen, wurden von hinten erschossen. Täter waren Deutsche.

Die Siegburger Blätter sind im Stadtmuseum, im historischen Archiv Siegburg, Rathaus, oder über www.blattwelt.de zum Preis von vier Euro erhältlich.

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