Siegburg 1944 Als die Abtei in Trümmern lag

SIEGBURG · Am Sonntag jährt sich zum 70. Mal der schwere Luftangriff auf die Stadt Siegburg im Jahr 1944.

 Etliche Volltreffer musste die Abtei in Siegburg einstecken. Fotos zeigen das Ausmaß der Zerstörung. Auf dem Michaelsberg war zu dieser Zeit ein Frontlazarett untergebracht.

Etliche Volltreffer musste die Abtei in Siegburg einstecken. Fotos zeigen das Ausmaß der Zerstörung. Auf dem Michaelsberg war zu dieser Zeit ein Frontlazarett untergebracht.

Foto: Stadtarchiv Siegburg

Nachdem die letzten Bomben gefallen waren, bot sich den Siegburgern am Donnerstag, 28. Dezember 1944, ein Bild des Schreckens. Der alliierte Luftangriff hatte die alte evangelische Pfarrkirche in der Georgstraße und viele Häuser um den Markt in Schutt und Asche gelegt. Die Abtei auf dem Michaelsberg war schwer beschädigt worden. An das Bombardement erinnert sich die spätere Ordensschwester Edeltrud Koch heute noch. Sie hatte Zuflucht in der Siegburger Abtei gesucht, wie aus den Heimatblättern des Rhein-Sieg-Kreises hervorgeht.

Als gegen 13 Uhr die Sirenen des Fliegeralarms aufheulten, rannte das junge Mädchen zusammen mit der Mutter in den Turm der Abtei, um dort Schutz vor den Bomben zu suchen. Die Familie war zehn Tage zuvor in die Abtei geflüchtet, nachdem sie zuvor schwere Fliegerangriffe in Beuel überstanden hatte. Nun verwüsteten Volltreffer die Nordwestecke der Abtei, Brocken, Steine und Staub flogen umher. Nur mit Not hatte es der Vater von Edeltrud Koch geschafft, sich in Sicherheit zu bringen. Andere hatten nicht so viel Glück, sie wurden unter Trümmern verschüttet oder von umherfliegenden Brocken schwer verletzt. Der Vater zweier Kinder, mit denen Edeltrud Koch ausharrte, konnte ebenfalls nur noch tot geborgen werden. 28 Menschen verloren so ihr Leben.

Die Schrecken des Vernichtungskriegs in Europa, entfesselt durch das Deutsche Reich, erreichten ab 1941 auch deutsche Städte. Zwar gab es auch in Siegburg einzelne Bombeneinschläge, von den großflächigen Bombardements, wie sie das Ruhrgebiet, Köln, Jülich oder Braunschweig erlebten, blieb die Stadt zunächst aber verschont. Ab September 1944 geriet sie jedoch zunehmend ins Visier von Tiefflieger- und Bombenangriffen. So verloren 43 Menschen am 10. September ihr Leben, als ein voll besetzter Zug am Aggerdeich unter Beschuss geriet. Kurz vor Heiligabend, am 23. Dezember, wurden zwei Menschen durch Sprengbomben verwundet, 18 Personen wurden verletzt. Der Großangriff auf Siegburg fünf Tage später brachte den Schrecken des Zweiten Weltkriegs endgültig in die heutige Kreisstadt.

Kurz nach 13 Uhr nahmen über 100 Flieger in zwei Wellen aus südöstlicher Richtung Siegburg unter Beschuss. Etwa 360 Sprengbomben wurden auf die Stadt abgeworfen, dazu noch rund 150 Phosphorbomben und etwa 1 000 Stabbrandbomben.Das Zentrum der Stadt stand in Flammen, 66 Tote und 250 Verletzte hatte die Bevölkerung zu beklagen. Zusätzlich kamen elf Wehrmachtsangehörige ums Leben.

Auf dem Michaelsberg befand sich zu der Zeit ein Frontlazarett, das hauptsächlich Schwerstverwundete versorgte, die nicht mehr transportfähig waren. Obwohl es mit einem großen roten Kreuz als solches gekennzeichnet war, ergoss sich der Bombenhagel auch auf den Michaelsberg und damit auch auf das Lazarett und die Abtei. Etliche Volltreffer hatte die Kirche der Abtei einstecken müssen, lediglich Turm und Chor blieben verschont. Auch der Ostflügel wurde durch Volltreffer verwüstet.Als die Bombardierung des Lazaretts nach Ende des Kriegs als Beschwerde in Genf eingereicht wurde, entschuldigten sich die Engländer damit, dass der Angriff ein Versehen gewesen sei. Eigentliches Ziel sei der Bahnhof gewesen.

Während das Lazarett aufgrund der Zerstörung aufgelöst wurde, verblieben die wenigen Zivilisten im Keller der Abtei. Darunter auch Edeltrud Koch, ihr jüngerer Bruder und ihre Eltern.

Zum Gedenken an den schweren Luftangriff vor 70 Jahren wird am Sonntag, 28. Dezember, ab 9.45 Uhr ein Gedenkgottesdienst in der Siegburger Auferstehungskirche gehalten.

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