Früherer Patient trifft seine Retter

SANKT AUGUSTIN · Die Fördergemeinschaft Kinderherzzentrum Sankt Augustin feiert 25-jähriges Bestehen.

Als die Ärzte Andreas Urban und Anne Marie Brecher im Jahr 1980 damit begannen, an der Johanniter Kinderklinik das erste außeruniversitäre Kinderherzzentrum Deutschlands aufzubauen, wurden sie von den Kollegen der großen Unikliniken belächelt: "Herzchirurgie auf der grünen Wiese hat keine Überlebenschance" habe die Ansicht gelautet, die den Sankt Augustinern immer wieder entgegengeschlagen sei, so Brecher.

Doch trotz bescheidener Mittel konnte die Einrichtung bald eine herausragende Erfolgsquote vorweisen. Was zunächst ein Geheimtipp war, sprach sich bei den Eltern betroffener "Herzkinder" zunehmend herum. Immer weiter steigende Patientenzahlen hatten jedoch zur Folge, dass die Ärzte an ihre Grenzen stießen: "Es fehlte uns an allem, an Raum, an technischen Geräten, an Personal", so Brecher über die "rückblickend katastrophalen" Bedingungen.

Um Abhilfe zu schaffen, gründeten sie schließlich im Jahr 1989 zusammen mit drei weiteren Mitstreitern die "Fördergemeinschaft Kinderherzzentrum Sankt Augustin e.V.", die unter dem Namen "Fördergemeinschaft Deutsche Kinderherzzentren" am Freitagabend in der Steyler Mission in Sankt Augustin ihr 25-jähriges Bestehen feierte.

Eingeladen war neben langjährigen Unterstützern aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft auch ein besonderer Gast. Der heute 24-jährige Leon Franzen hatte 1990 als eines der ersten Herzkinder vom Engagement der Fördergemeinschaft profitiert und traf in Brecher und Urban an diesem Abend auf seine Lebensretter.

Im Alter von nur fünf Monaten war in seinem zu diesem Zeitpunkt gerade einmal walnussgroßen Herzen ein sogenannter Ventrikel-Septum-Defekt diagnostiziert worden. Die Fehlbildung der Herzscheidewand führte dazu, dass sauerstoffreiches Blut in seinen Lungenkreislauf gelangte und so auf Dauer das Leben des Kleinstkindes bedrohte. "Die Überlebenschancen ohne OP waren gleich Null", weiß der junge Mann heute.

Eine Ärztin aus ihrer Heimatstadt Bonn hatte seinen Eltern damals die Fahrt nach Sankt Augustin empfohlen: "Ich schicke Sie besser in die Prärie als in die Uniklinik", hätten die Worte der Kollegin damals gelautet, wie sich Brecher beim Wiedersehen mit ihrem einstigen Patienten erinnerte. Für Franzen ein Glücksfall, denn die Fachwelt sei sich damals nicht bewusst gewesen, "dass in Sankt Augustin Operationen dieses Ausmaßes durchgeführt wurden".

Bei ihm war der Eingriff, wohl auch aufgrund der Anschaffungen, die das Herzzentrum durch die Spendeneinnahmen der Fördergemeinschaft tätigen konnte, jedoch ein voller Erfolg: Nur eine Narbe erinnert ihn heute noch an die frühkindliche Leidenszeit. Beeinträchtigungen hat der Psychologiestudent keine davongetragen, sogar eine Karriere als Profibasketballer war für ihn bis vor einigen Jahren noch zum Greifen nahe, als er für die Bonner Telekom Baskets in der U 18-NRW-Liga spielte. Seine Entwicklung freute auch die Ärztin: "Ich habe Leon zum ersten Mal mit sieben Monaten gesehen. Damals war er ein mickriges Geschöpf von viereinhalb Kilogramm. Heute mag man kaum glauben, dass er derselbe ist: So ein stattlicher strahlender junger Mann."

Auf eine prächtige Entwicklung blickt auch die Fördergemeinschaft zurück: Dem Neubau des Sankt Augustiner Kinderherzzentrums im Jahr 2000 folgten 2002 die Ausweitung des Engagements auf Bundesebene und deshalb 2003 die Umbenennung in "Fördergemeinschaft Deutsche Kinderherzzentren".

Neben der Förderung von Projekten auch in Kriegs- und Krisengebieten bilden Forschung und Entwicklung, etwa der "mitwachsenden Herzklappe", heute den Schwerpunkt ihrer Arbeit. Die Sterblichkeitsrate von Kindern mit angeborenem Herzfehler konnte seit ihrer Gründung von 20 auf fünf Prozent gesenkt werden.

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