Betriebsintegrierte Arbeitsplätze Joballtag für Menschen mit Behinderung

NIEDERKASSEL · Konzentriert legt Stefan Jakobs (39) die Acrylschienen nebeneinander, klebt ein Band darüber und schneidet dieses akkurat an der vorgesehenen Stelle ab. Jakobs verrichtet seine Arbeit bei der Firma Andres in Niederkassel-Rheidt mit viel Ruhe und Sorgfalt.

 Bei der Arbeit: Stefan Jakobs (links) klebt Acrylschienen zusammen, Geschäftsführer Klaus Andres schaut ihm dabei zu.

Bei der Arbeit: Stefan Jakobs (links) klebt Acrylschienen zusammen, Geschäftsführer Klaus Andres schaut ihm dabei zu.

Foto: Martina Welt

"Ich mache solche Arbeiten gerne", erzählt er beim Pressetermin. Um ebenso wie seine Kollegen ganz "normal" arbeiten zu können, nimmt er die eineinhalb Stunden Fahrtzeit mit dem Bus von Hennef nach Niederkassel gerne in Kauf. Er steht um 5 Uhr auf, um Normalität zu leben und nicht in eigens für Menschen mit Behinderungen geschaffenen Werkstätten ausschließlich mit anderen Behinderten arbeiten zu müssen. "Das Betriebsklima ist gut, die Kollegen sind nett, und ich würde gerne hier bleiben", erzählt Jakobs weiter.

Die sogenannten betriebsintegrierten Arbeitsplätze gibt es erst seit dem 1. April dieses Jahres bei der Rheidter Firma, die Displays herstellt. Das sind zum Beispiel Prospektständer, Warenträger, Shop-in-Shop-Systeme oder auch Verkaufsmöbel. Acht dieser Arbeitsplätze wurden in Kooperation mit den Rhein-Sieg-Werkstätten des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) eingerichtet.

Angestellt sind die acht Neulinge im Firmenteam weiterhin bei den Werkstätten, von denen sie auch ihr Gehalt beziehen, welches vorher zum Teil (in etwa in Höhe eines Ausbildungsentgelts) von der Firma an die Werkstätten überwiesen wird.

Warum sich Firmengründer und Geschäftsführer Klaus Andres für die Einstellung von behinderten Menschen in diesem Konstrukt entschieden hat, dafür hat er viele Gründe. "Ich als Unternehmer habe auch eine hohe soziale Verantwortung und die leben wir gemeinsam", beschreibt er eine Motivation. Aber natürlich sind es auch handfeste wirtschaftliche Argumente, die ihn zu diesem Schritt nach einer über zehn Jahre währenden Zusammenarbeit mit den Rhein-Sieg-Werkstätten bewogen haben. "Ohne diese Mitarbeiter wären wir nicht wettbewerbsfähig", stellt er ganz klar fest. Bei der Produktion der Warenträger gebe es einen hohen manuellen Anteil.

Rund 1500 Produkte entwickelt die Firma im Jahr. Umgesetzt werden sie in der Regel in nur fünf bis sechs Wochen. Ein hoher Produktionsdruck, der große Flexibilität und viel Improvisation verlange. Das könne mit den Mitarbeitern der Werkstätten gewährleistet werden. "Die Alternative wäre, die Produktion in Billiglohnländer auszulagern, aber das würde dem Nachhaltigkeitskonzept unserer Firma widersprechen", führt Andres aus.

Die betriebsintegrierten Arbeitsplätze seien eine Weiterführung der langjährigen Zusammenarbeit mit den Werkstätten. Die Motivation der Mitarbeiter sei besonders hoch, und er könne mithelfen, dass die behinderten Menschen einen weiteren Schritt in den sogenannten ersten Arbeitsmarkt vollzögen.

Die Suche nach geeigneten Mitarbeitern erfolge im Rahmen eines Bewerbungsverfahren in den Werkstätten, berichtet der Werkstattleiter der Rhein-Sieg-Werkstätten, Ingo Gausmann. Elf der Werkstätten-Mitarbeiter hatten sich beworben und daraufhin ein Praktikum bei der Andres GmbH gemacht. Acht Mitarbeiter sind danach geblieben, und sie haben auch ihren Kollegen aus der Stammbelegschaft etwas bewusst gemacht: den Wert der Arbeit und das positive Recht auf Arbeit. Und das alles bei "gleichbleibender Qualität, hoher Motivation und großer Freude", meint der Firmenchef begeistert.

Bei der Andres GmbH können die sieben Männer und eine Frau im Alter zwischen 20 und 40 Jahren so lange arbeiten, wie sie das wollen. Ihre Arbeitszeiten sind fast mit denen der Stammbelegschaft identisch. Sie fangen lediglich statt um 7 Uhr erst um 7.45 Uhr an. Arbeitsende ist um 16 Uhr, und die Anreise wird von den allermeisten von ihnen mit dem Bus erledigt, was ihnen zusätzliche Selbstständigkeit gibt. Betreut werden die acht Neuen in Rheidt von Rosemarie Grommes.

Sie richtet mit ihnen die Arbeitsplätze ein, begleitet sie und koordiniert die Einsätze. Die sind nämlich keineswegs immer gleich, sondern wechseln je nach den Möglichkeiten der behinderten Menschen, deren Alltag ein wichtiges Stück Normalität erhalten hat.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort