Neuer Roman "Große Liebe" Navid Kermani las in Meckenheim

MECKENHEIM · Die Meckenheimer Anne Schmidt-Keusgen, Leiterin des katholischen Familienbildungswerks, und Herbert Kalkes, Chef der öffentlichen Bücherei Sankt Johannes der Täufer, gehörten zu den ersten Gratulanten, die den Schriftsteller Navid Kermani zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels beglückwünschten.

 Navid Kermani, aktueller Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.

Navid Kermani, aktueller Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.

Foto: Axel Vogel

Der Deutsch-Iraner und Orientalist, Autor zahlreicher Sachbücher und Schriften zu Themenbereichen wie Islam, Glauben, Toleranz, Flüchtlingspolitik, aber auch Verfasser einiger literarischer und politischer Werke, las im Familienbildungswerk am Kirchplatz in Meckenheim aus seinem 2014 erschienenen Roman "Große Liebe" vor. Erst einige Stunden zuvor war bekannt geworden, dass der über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannte Schriftsteller und Intellektuelle, den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten wird. Kermani ist damit der erste Muslim, der mit dem mit 25.000 Euro dotierten Preis ausgezeichnet wird.

Auf 100 Seiten in genau 100 Kapiteln schildert Navid Kermani die erste Liebe eines 15-jährigen Gymnasiasten in irgendeiner Stadt in Deutschland. Nie wieder habe er "so groß geliebt", so das Fazit des Ich-Erzählers. Dabei thematisiert der Protagonist ausschließlich seine eigenen Gefühle und Gedanken, die des Mädchens spielen dabei für ihn keine Rolle. Was ist wichtig in der Liebe? Die Erwartung? Das Verlangen? Die Erfüllung? Oder der Schmerz, der nach einer Trennung zurückbleibt? All das sind die Fragen, auf die der Erzähler, ein Mann in mittleren Jahren, der sich an seine Liebesverwirrungen als 15-Jähriger erinnert, eine Antwort zu finden hofft.

In einer lyrischen Sprache erzählt Kermani von der Begegnung der Beiden auf dem Schulhof des Gymnasiums Anfang der 80er Jahre. Sie ist 19, er 15 Jahre alt, als er die "Schönste auf dem Schulhof in der Raucherecke" entdeckt und sich unsterblich in sie verliebt. Drei Nächte verbringen sie gemeinsam, dann macht sie mit ihm Schluss. Noch nach 30 Jahren, er war verheiratet, ist mittlerweile geschieden und hat einen Sohn, möchte er immer noch den Grund für diese Trennung erfahren. Und er fragt sich, ob es "seinem Sohn mit der ersten Liebe auch so ergehen werde".

Der Roman spielt in der Zeit der Friedensbewegung, der Sitzblockaden, der Birkenstockschuhe, der hässlichen selbst gestrickten Pullover und der Räucherstäbchen. Dem Erzählstrang der Liebesgeschichte setzt Kermani Geschichten aus der islamischen Mystik aus dem 12. und 13. Jahrhundert entgegen. "Ich selbst spüre die außerordentliche Feinheit, die man in der Liebe finden kann", zitiert der Wahlkölner den Andalusier Ibn Arabi aus dem 13. Jahrhundert.

"Dass, was früher in Romanen als die große Liebe wie zwischen Romeo und Julia oder wie bei Madschun Leila (der von Leila Besessene) beschrieben wird, ist eigentlich eher eine Art von Verliebtheit. Das Buch steht stellvertretend für die Tradition der Liebesgeschichten", machte Kermani in der abschließenden Fragestunde dem begeisterten Publikum deutlich. Dabei betonte der Autor, dass der Roman nicht autobiografisch sei, "auch wenn vielleicht seine Gefühle der verschiedenen Verliebtheiten eingeflossen seien".

Toll fanden die Zuhörer die Beschreibung von Atmosphäre und Lebensgefühl zu Zeiten der Friedensbewegung und die Aussagen bekannter arabisch-persischer Mystiker. "In der arabischen Mystik erfährt der Mensch durch die Vereinigung von Mann und Frau Gott", sagte der 47-Jährige.

Navid Kermani: "Große Liebe", Carl Hanser Verlag 2014; ISBN: 978-2-446-24474-0, 18.90 Euro.

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