Meckenheimer Mordfall "Oma Gretel" BGH kassiert Urteil des Bonner Landgerichts

MECKENHEIM/BONN · Knapp zwei Jahre, nachdem eine 87-Jährige aus Meckenheim mit 45 Messerstichen getötet wurde, beschäftigt der Fall erneut die Gerichte. Die Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe haben jetzt die Verurteilung der mutmaßlichen Täterin aufgehoben.

Das Bonner Landgericht hatte die heute 26 Jahre alte Angeklagte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes verurteilt. Diese wurde nun aufgehoben. Demnächst wird sich die Angeklagte vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts verantworten müssen.

Im ersten Prozess waren die Richter zu dem Schluss gekommen, dass die Mutter zweier kleiner Kinder ihre Nachbarin am 12. November 2012 getötet hat, weil sie von der 87-jährigen Gretel U. ("Oma Gretel") beim Griff in deren Portemonnaie erwischt wurde - ein Mord aus Verdeckungsabsicht. Laut dem im August 2013 gefällten Urteil plagten die Familie der Angeklagten zur Tatzeit finanzielle Schwierigkeiten, unter anderem wurde ihr der Strom abgestellt.

Deshalb soll sie bei der Nachbarin in deren Geldbörse gegriffen haben. Als die 87-Jährige dies bemerkte, soll die junge Frau das Opfer gewürgt und mit Stichen in den Oberkörper und den Hals getötet haben.

In dem Indizienprozess hatte die Angeklagte bestritten, die gesuchte Mörderin zu sein. Sie sei damals mit einem Schlitten aus dem Keller auf den Balkon der Nachbarin geklettert, habe die Balkontür eingeschlagen und angeblich die tote Seniorin entdeckt. Der Polizei erzählte die 26-Jährige als Begründung für ihr Verhalten, dass sie sich Sorgen um die Nachbarin gemacht habe, da diese ihre Wohnungstür nicht geöffnet habe.

Die Bundesrichter monierten nun, dass das Schwurgericht nicht alle realen Alternativen anderer möglicher Tatabläufe geprüft habe. In dem neuen Prozess müsse daher geklärt werden, ob die Angeklagte nicht zu der Nachbarin gegangen sei, um sich Geld zu leihen. Sollte es in dem Gespräch darüber zu einem Streit und anschließend zu der Messerattacke gekommen sein, stünde auch eine Verurteilung wegen Totschlags im Raum.

Das Ziel von Verteidiger Hans Hassel ist hingegen ein Freispruch für seine Mandantin, die er weiterhin für unschuldig hält. In dem neuen Verfahren können seiner Meinung nach offen gebliebene Fragen geklärt werden.

Als er der in Untersuchungshaft sitzenden 26-Jährigen die Nachricht von der Aufhebung des Urteils überbrachte, sei diese richtig "happy" gewesen, so Hassel. In Kürze will der Anwalt einen Haftverschonungsantrag stellen und versuchen, dass die Angeklagte auf freien Fuß gesetzt wird. Aus Justizkreisen war zu erfahren, dass der neue Prozess wohl nicht vor November dieses Jahres beginnen wird.

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