Lemmerzhallen in Königswinter "Ein Ökosystem aus Kultur und Gastronomie"

KÖNIGSWINTER · Die XXL-Hallenkunst-Ausstellung des Vereins Antiform in den Lemmerzhallen ist seit rund drei Wochen offiziell beendet. Doch der Bad Honnefer Fotograf Helmut Reinelt hat, wie er sagt, noch viele Ideen für die Industriebrache im Herzen der Königswinterer Altstadt.

Sein Verein Antiform erhofft sich für die Zukunft in einem Teil der früheren Lemmerzhallen einen Kulturbetrieb, dem Antiform in einem zwölfseitigen Konzept den Namen "KulturfabrikKW" gegeben hat.

Letztlich muss der Königswinterer Stadtrat entscheiden, was mit dem Grundstück passiert. Der Planungs- und Umweltausschusses hatte beschlossen, die Verwaltung solle mit zwei der insgesamt fünf interessierten Investoren weitere Verhandlungen führen. Einer davon plant einen Gewerbepark und will sowohl die Hallen als auch das Verwaltungsgebäude abreißen. Der zweite möchte ein Oldtimer-Zentrum dort unterbringen und hat mit Antiform bereits erste Gespräche geführt. "Er kann sich eine kulturelle Nutzung gut vorstellen", sagt Reinelt.

Die Räumlichkeiten seien wie geschaffen für eine Kulturfabrik, meint er. Das Konzept bezieht sich auf einen vergleichsweise kleinen Teil des städtischen Grundstücks: etwa 1800 der insgesamt 16 000 Quadratmeter großen Fläche, die die Stadt vor einigen Jahren den Lemmerzwerken abkaufte.

Veranstaltungshalle für 500 bis 700 Besucher

Das Areal, um das es Antiform geht, liegt an der südlichen Spitze hin zu den Bahngleisen direkt neben der jetzigen "Hallenkunst XXL"-Ausstellungsfläche, "denn dort würden im Winter bei den hohen Decken zu hohe Energiekosten anfallen", erklärt Reinelt. Das Antiformkonzept sieht, wie schon berichtet, eine Veranstaltungshalle für 500 bis 700 Besucher vor, deren Entree von den Bahnschranken gesehen direkt an der ersten Ecke des Geländes liegt und damit sowohl für Auto- als auch Bahnfahrer gut erreichbar wäre.

Reinelt: "Wir haben erste Kontakte beispielsweise mit den Betreibern des Bonner Pantheons aufgenommen, die allerdings gerne in Bonn bleiben wollen." Das Kabaretthaus muss nach 30 Jahren umziehen, weil die derzeitige Unterkunft, das Bonn-Center, abgerissen wird. Möglicherweise geht es für den Kleinkunstbetrieb aber in die zum Theater Bonn gehörende Halle Beuel.

Zudem kann sich der Verein Antiform neben der Halle fünf Studios à 70 Quadratmeter Größe für Künstler, Fotografen oder Bands vorstellen, eine Galerie darüber auf 300 Quadratmetern für Ausstellungen, Versammlungen und nichtkommerzielle Konzerte. Ein Gastronomiebetrieb für bis zu 150 Gäste, so der Plan, solle die Gewinne erwirtschaften, um die Vereins- und Kunstaktivitäten quer zu finanzieren. Reinelt nennt es "ein Ökosystem aus Kultur und Gastronomie."

Kosten von niedrigem siebenstelligen Betrag

Ein ähnliches Modell mit dem Namen "Rohrmeisterei" haben Reinelt und andere Antiform-Mitglieder in Schwerte besucht. Ähnlich wie dort könnte die Kulturfabrik KW über eine gemeinnützige Stiftung betrieben werden. Eins zu eins sei die Schwerter Betriebsform sicher nicht auf die Königswinterer Verhältnisse übertragbar, meint der Antiform-Vorsitzende.

Wer die alten Hallen und Waschräume, in denen früher die Arbeiter der Lemmerzwerke ein und aus gingen, anschaut, kann sich eine solche Vision durchaus vorstellen. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Charme von Fabriken auf eine solche Art genutzt wird. Einige Kräne scheinen gut in Schuss zu sein, die möglicherweise für Bildhauer sogar weitere Verwendung finden könnten.

Einen niedrigen siebenstelligen Betrag müsste man aber wohl für Umbau und Sanierung investieren, schätzt Reinelt. Um einen entsprechend hohen Kredit zu bekommen, wären zunächst Gespräche mit potenziellen Nutzern erforderlich. "Wir stehen am Anfang unserer Überlegungen, haben in der Vergangenheit aber immer wieder festgestellt, dass es gut ist, Position zu beziehen und ein Interesse klar zu benennen", begründet Reinelt die Planungen, die Antiform in weniger ausführlicher Weise bereits im Vorjahr formuliert hatte.

Die Rohrmeisterei

Die Rohrmeisterei in Schwerte ist im Jahr 2003 zur Eventstätte umgebaut worden. Eine Bürgerstiftung übernimmt Betrieb und Unterhaltung des Denkmals und stellt für Veranstaltungen in Schwerte kostenlos Säle zur Verfügung. Mit einigen Projekten finden dort nach Angaben der Stiftung jährlich 150 Veranstaltungen statt. Die Rohrmeisterei bietet außerdem ein breites Kulturprogramm. So entsteht zwar einerseits ein Defizit von 200.000 Euro, das aber über die Gastronomie querfinanziert wird, die ebenfalls die Stiftung betreibt.

Laut dem Jahresbericht aus dem Jahr 2013, den die Rohrmeisterei auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat, nimmt die Stiftung dadurch 200.000 Euro ein und schreibt am Ende des Jahres eine "schwarze Null". Allerdings ist in der Bilanz auch eine Summe von 163.000 Euro aufgeführt, die durch Spenden und projektbezogene Zuschüsse zustande kommt. Die Kulturstätte in Schwerte bietet mehr als 50 Arbeitsplätze und hat bislang mehr als 30 junge Menschen ausgebildet.

Zur Person

Helmut Reinelt, 59, ist Fotograf, Filmemacher, Autor und Künstler. Er stammt aus Bonn, hat in München Kommunikationswissenschaften und Politologie studiert. In den 80er und 90er Jahren war er für Fernsehanstalten als Kameramann unterwegs, arbeitete unter anderem für die Sendung mit der Maus. Reinelt ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Bad Honnef. Er ist Vorsitzender des Vereins Antiform, der unter anderem für das Projekt "KulturzoneKW" verantwortlich zeichnet.

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