Bornheim-Roisdorf Streit um Daten für Lärmschutz

BORNHEIM-ROISDORF · Als der Zug durch den Roisdorfer Bahnhof rattert, sind die Worte von Sebastian Hartmann kaum zu verstehen. "Das war übrigens einer der neuen, leiseren Güterzüge", sagt der SPD-Bundestagabgeordnete aus dem Rhein-Sieg-Kreis, als Lok und Waggons durchgefahren sind.

 Ein Fernzug der Deutschen Bahn fährt durch Roisdorf an den Häusern an der Mainzer Straße vorbei.

Ein Fernzug der Deutschen Bahn fährt durch Roisdorf an den Häusern an der Mainzer Straße vorbei.

Foto: Roland Kohls

Laut genug war der Zug aber dennoch. Und es ist nicht nur der Güterverkehr, der regelmäßig durch Roisdorf fährt. Auch Nah- und Fernverkehr sorgen dafür, dass so mancher Anwohner der Mainzer Straße, Custorstraße, Mörnerstraße oder des Fußkreuzwegs vom Bahnlärm geplagt sein dürfte.

Auf Maßnahmen zum Lärmschutz müssen die Roisdorfer entlang der Eisenbahnstrecke aber noch warten. Grund dafür sei ein Disput zwischen Deutscher Bahn und dem Rhein-Sieg-Kreis, berichtet Hartmann, der auch Mitglied im Bundestagsausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur ist. Konkret geht es um 15 000 Euro.

Laut einem Schreiben der Deutschen Bahn an Hartmann fordert der Kreis diese Summe, um der Bahn sogenannte Geo-Basisdaten zur Verfügung zu stellen. Diese seien für ein Schallgutachten erforderlich, erläutert Hartmann. Und: "Ohne Schallgutachten kein Lärmschutz."

Wie dem Schreiben der Bahn an Hartmann weiter zu entnehmen ist, ist das Unternehmen allerdings nicht bereit, dem Kreis 15 000 Euro zu überweisen. Einerseits stünden der Bahn dafür keine Mittel zur Verfügung, andererseits sieht der Konzern ein "Ungleichgewicht" zwischen Aufwand und Kosten.

Dazu kommt, dass das eigentliche Schallgutachten nach Bahn-Angaben lediglich zwischen 3000 und 5000 Euro kostet. "Es wäre sinnvoll, wenn die Gebühren des Kreises in einem dazu vertretbaren aufwandsgerechtem Verhältnis stehen würden", heißt es in dem Papier der Bahn.

Wie Kreispressesprecherin Rita Lorenz auf Anfrage mitteilt, ist das Katasteramt des Rhein-Sieg-Kreises für die Geo-Basisdaten zuständig. Was die Kosten betreffe, gebe es mit der Gebührenordnung des Landes NRW eine klare Rechtslage.

"Und die Bahn ist schließlich ein Privatunternehmen", so Lorenz. Allerdings wolle der Kreis den Lärmschutz nicht verhindern. "Wir wollen konstruktiv und zeitnah an einer Lösung mitarbeiten", betont Lorenz.

Unterstützung erhält Lorenz von Oliver Krauß, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion aus Alfter. "Der Kreis muss nach den gesetzlichen Vorgaben handeln", sagt er. Die Gebühren seien durch entsprechende Gesetze und Verordnungen festgelegt.

Da Lärmschutz aber wichtig sei, appelliert Krauß an alle Landespolitiker, andere Voraussetzungen zu schaffen. "Erfolgreich können wir nur sein, wenn wir alle gemeinsam handeln."

Nach Angaben von Sebastian Hartmann will die Regierungskoalition in Berlin den Schienenlärm in Deutschland bis zum Jahr 2020 halbieren, ausgehend vom Jahr 2000. Dafür seien im Bundeshaushalt rund 140 Millionen Euro vorgesehen, fügt er hinzu.

Möglichkeiten, den durch Schienenverkehr verursachten Lärm zu reduzieren, gebe es verschiedene. Dazu gehören das Abschleifen von Schienen, leisere Bremsen und Schallschutzwände.

Laut Hartmann - auch das geht aus dem Schreiben der Bahn an ihn hervor - ist der Streckenabschnitt zwischen Roisdorf und Sechtem auf einer Länge von sieben Kilometern im freiwilligen Lärmsanierungsprogramm des Bundes enthalten.

Um aber ermitteln zu können, welche Lärmschutzmaße an welcher Stelle infrage komme, sei nun einmal das Schallgutachen erforderlich, so Hartmann. "Erst dann wissen wir, wo was zu tun ist."

Deshalb hoffe er, dass der Rhein-Sieg-Kreis von seiner "starren Position" abrücke. Zumal Hartmann auch ein Schreiben des Eisenbahn-Bundesamts an den Kreis vorliegen hat, in dem das Amt seine Verwunderung zum Ausdruck bringt, dass der Kreis eine Geldsumme für die Daten fordert.

Üblicherweise würden die Geobasis-Daten kostenlos zur Verfügung gestellt, teil das Eisenbahn-Bundesamt dem Kreis in dem Schreiben mit.

Vom Lärmschutz profitierten nicht nur die betroffenen Bürger, sondern auch die Gemeinden, lässt das Amt den Kreis weiter wissen und hofft auf eine pragmatische Lösung. Wie Bornheims Bürgermeister Wolfgang Henseler sagt, seien die Daten des Kreises erforderlich, um herauszufinden, zu welchem Zeitpunkt die Häuser an der Strecke gebaut worden seien. Bei Gebäuden nach 1974 sollte Lärmschutz in der Regel bereits berücksichtigt sein.

Zugleich hofft Henseler, dass Kreis und Bahn zueinanderfinden. An dieser Frage dürfe es nicht scheitern, sagt er.

Doch selbst wenn sich Bahn und Rhein-Sieg-Kreis bald einigen, bis die Menschen, die an der Bahnstrecke zwischen Roisdorf und Sechtem wohnen, in den Genuss von Lärmschutz kommen, wird es noch dauern.

Wiederum ist es die Bahn, die im Brief an Hartmann schreibt: "Nach Fertigstellung des Gutachtens dauert es in der Regel circa drei bis vier Jahre bis zum Abschluss der Maßnahmen."

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