Barista aus Rhöndorf Von Kaffeeduft, Crema und Geselligkeit

RHÖNDORF · Nur gut, dass es heute keine Kaffeeriecher mehr gibt wie zu Zeiten des Alten Fritz. Wie sollte Silke Thun andernfalls das anregende Gebräu mit dem intensiven Bouquet in Tassen und Gläser füllen?! Gerade der Duft machte den Genuss von Kaffee einst gefährlich.

 Kunst an der Kaffeemaschine: Silke Thun bei ihrer Leidenschaft.

Kunst an der Kaffeemaschine: Silke Thun bei ihrer Leidenschaft.

Foto: Homann

Friedrich der Große hatte 1780 verordnet, dass 400 Invaliden in den preußischen Städten durch Schnüffeln feststellen sollten, wo Kaffee geröstet wird. Er hatte die Einfuhr der Bohnen und das Rösten streng verboten. Malzkaffee und Bier sollten als Ersatz dienen; so wollte er die heimischen Produzenten stärken. Der Künstler Louis Katzenstein malte dazu später das Bild "Die preußischen Kaffeeriecher", auf dem zwei Uniformierte ein Damenkaffeekränzchen ertappen.

Längst ist nicht mehr das Ob, sondern das Wie des Kaffeegenusses von Bedeutung. Silke Thun hat das richtig erlernt. Die Rhöndorferin ist professionelle Barista. Und passend zur italienischen Bezeichnung des "Kaffeekochers" haben sich die Vorlieben auch verschoben. "Heeß und sieße", wie sich die "Kaffeesachsen" das Getränk wünschten, reicht vielen nicht mehr. Gefragt sind Cappuccino, Latte Macchiato oder Café Cortado. "Grundlage ist immer ein perfekter Espresso", sagt Silke Thun, die stets mit ihrer "Ape" unterwegs ist.

Das Dreirad ist mit Espressomaschine, Kühlschrank, Waschbecken und Warmwasser zur mobilen "Kaffee-Tankstelle" umgebaut worden. Die gebürtige Kielerin versorgt an dem "Zapfhahn" nicht nur die Gelegenheits-"Espressisten", sondern hat auch ihre Stammkunden, die schon wissen, wann Silke Thun auf Tour durch Bonn in ihrem Quartier aufkreuzt. Sie schätzen nicht nur den köstlichen Kaffee, sondern auch das Gespräch.

"Den persönlichen Kontakt zu den Kunden aufzubauen - das macht den Barista aus", betont Silke Thun. "Ich habe schon ganz rührende Geschichten gehört. Kaffee ist ein Getränk, das die Geselligkeit fördert." Und manchmal ist die Frau an der Kaffeebar "Black Coffee Pharmacy" auch als Seelentrösterin gefragt. Bereits während ihres VWL-Studiums tummelte sich Thun in der Gastronomie.

Bevor sich die heute 45-Jährige selbstständig machte, war sie in einem Café tätig. Seit vier Jahren nun hat sie auf "Ape" samt Espressomaschine umgestellt. Sie fährt bei jedem Wetter, im Winter in Daunen eingemummelt und mit dicken Stiefeln an den Füßen. "Die beste Zeit ist das Frühjahr und der goldene Herbst. Nur windstill muss es sein." Mittlerweile ist Kaffeekochen schon Kunst, genauer: "Latte-Art".

Zu 75 Prozent trinkt Thuns Freiluft-Kundschaft Cappuccino. Für diese Kreation aus Espresso, heißer Milch und Milchschaum hat sie ihre spezielle Mischung, die sie von einem ausgewählten Röster bezieht. "Eine hervorragende Rohqualität der Bohnen ist wichtig", erläutert die Barista ihr Geheimnis. Und: "Gut und gleichbleibend zu rösten, ist schwer. Kaffee ist ein Naturprodukt. Edle Röstereien suchen die Bohnen für die Mischung jedes Jahr neu aus."

Neun Gramm Bohnen für einen Espresso ist das Maß bei Silke Thun. Es gibt weltweit etwa 40 verschiedene Arten der Pflanzengattung Coffea, zwei Sorten sind am meisten verbreitet: die Arabica und die Robusta. "Letztere verschafft der Mischung durch einen geringeren Fett- und einen höheren Stickstoffanteil eine schönere Crema", erklärt die Fachfrau. "Espresso muss haselnussbraun sein und sich wie ein Mäuseschwänzchen ins Glas ergießen. Er darf nicht unter- und nicht überextrahiert sein." Sonst ist er zu wässrig oder zu bitter.

Aber auch die Milch muss stimmen. "Sie darf nicht so heiß sein. Ich muss sie so aufschäumen, dass sie noch eine cremige Konsistenz hat." Eine Wissenschaft für sich. Künstlerin wird die Barista, wenn sie Bilder gießt - ein Blatt, ein Herz oder einen Schwan. "In ist gerade das Doppelherz auf dem Cappuccino", sagt Thun. Die Übung macht´s.

Auch für Macchiato und Cortado ist Geschick gefragt, um die Schichten von Espresso, heißer Milch und Schaum kunstvoll zu arrangieren. "Die Kunden fragen mich oft, warum das zu Hause nicht klappt", erzählt Silke Thun. Sie macht kein Geheimnis daraus. In Kaffeekoch-Kursen, die sie im "Di Crema" in Rhöndorf durchführt, verrät sie ihre Kniffe.

Friedrich der Große indes kämpfte auf Dauer erfolglos an der Kaffeefront. Selbst Johann Sebastian Bach wusste schon, was er an der Bohne hat, und krönte sie 1734 mit einer "Kaffeekantate".

KURZ GEFRAGT

Svenja Koch (48) ist "Assaggiatore", eine "Kaffeeverkosterin". Im Kursus im Instituto Internazionale Assaggiatori Caffé in Italien war sie die einzige Frau. Mit der Rhöndorferin sprach Roswitha Oschmann.

Von wegen "Kaffeetanten"?

Svenja Koch: Zumindest das Verkosten ist in männlicher Hand. Da musste ich mir als Frau Respekt verschaffen.

Worum geht es da?

Koch: Um die Erhaltung des original italienischen Espresso. Ich wollte meine Fähigkeiten verbessern und meinen Geschmackssinn schulen. Am Ende gab es eine Prüfung.

Worauf achtet ein Kaffeeverkoster?

Koch: Beim Blick in die weiße Tasse muss ich feststellen, ob die Crema seidig oder wollig ist. Ich rieche, probiere. Ein Kaffeetester vergibt Punkte für verschiedene Parameter wie Säure- und Bitterstoffanteil oder Beigeschmack. Der Kaffee kann blumig sein, Zitrus- oder Kirschnoten haben, schokoladig oder nussig schmecken. Das Institut zeichnet Kaffee und Espressomaschinen mit einem Siegel aus.

Können Sie nun auch das Schicksal aus dem Kaffeesatz lesen?

Koch: Zumindest das Wetter. Läuft der Kaffee langsam, wird das Wetter schlecht. Die Erklärung ist: Der Kaffee nimmt bei hoher Luftfeuchtigkeit aus der Umgebungsluft Feuchtigkeit auf - die Extraktionszeit verlängert sich dadurch.

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