Traditionelles Rhöndorfer Fußball-Fest Strafschnäpse, Rasierschaum und ein glanzvoller Sieg

RHÖNDORF · Das Fußball-Fest endet mit einem 12:6 fürs Oberdorf gegen die "Muschelsammler". Na gut, Jogi Löw kam dann doch nicht zur Talentsichtung nach Rhöndorf.

 Orange gegen Schwarz-Weiß: Auf dem Sportplatz von Haus Rheinfrieden kicken Unter- und Oberdörfler gegeneinander.

Orange gegen Schwarz-Weiß: Auf dem Sportplatz von Haus Rheinfrieden kicken Unter- und Oberdörfler gegeneinander.

Foto: Frank Homann

"Der hatte Angst, er würde Unruhe in seine Nationalelf bringen, wenn er hier zu viel Konkurrenz für seine Männer entdeckt", meinte Martin Rölver, der zufrieden seine goldenen Schuhe aufschnürte. Zum 60. Jubiläumsfußballspiel zwischen Ober- und Unterdorf hatte sie der Rhöndorfer angeschafft.

Und auch bei der 66. Weihnachts-Begegnung war er damit auf dem Fußballplatz von Haus Rheinfrieden unterwegs. Mit 12:6 fiel der Sieg des Oberdorfs am Ende auch glänzend aus. Mit 7:0 war die Sieger-Mannschaft in die Pause gegangen, in der die Treffsicherheit durch Glühwein- und Bierausschank einen gewaltigen Schub erhielt und das Team aus dem Unterdorf in den schwarzen Weltmeistertrikots "WM vom Rhing" zu einigen Gegentoren beflügelte. Die Gegner in Orange unterstützten das emsige Treiben durch zwei Eigentore.

Die Überlegenheit des Oberdorfs zeichnete sich aber schon beim Aufwärmen ab, als 14 Spielern nur sechs Recken aus dem Unterdorf gegenüberstanden. Während die Oberdörfler zwischendurch auswechseln konnten, mussten die "Rheinanlieger" wegen ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit pausenlos laufen.

"Die müssen eine Zuchtanlage in den Weinbergen haben", vermutete Mirko Wyzeck, der Spielführer aus der hochwassergefährdeten Zone unterhalb der Rhöndorfer Straße, die als fußballerische Grenze gilt. "Unsere mentale Vorbereitung ist einfach besser", hielt Bernd Baumgarten, der Mannschaftskapitän vom Oberdorf, den "Muschelsammlern" entgegen. 44 der insgesamt 66 Spiele hat Baumgarten absolviert und dabei unzählige Strafschnäpse hinunterkippen müssen.

Denn bei diesem legendären Fußball-Fest, das es seit 1948 im Adenauer-Ort gibt, hat das Rhöndorfer Regelwerk (RRW) bis heute Bestand. Bedeutet: Der Schiedsrichter zeigt keine gelben oder roten Karten, sondern ahndet Fouls mit einem kräftigen Schluck aus der Pulle für den Übeltäter und Gefoulten gleichermaßen. Schiri Udo Krahe - aus dem Oberdorf - strafte diesmal mit einem Weizenkorn.

Der Hochprozentige erhöht in der Regel die Treffsicherheit, auf alle Fälle aber beruhigt er die Gemüter. Nur bei Spielführer Bernd Baumgarten wirkte das Körnchen diesmal nicht. Er wollte in seinem Abschiedsspiel unbedingt ein Tor schießen, aber es gelang ihm nicht. Verflixt noch mal, nicht mal einen Elfmeter konnte er in der Schlussphase verwandeln, den ein Teamkollege mit Einsatz aller schauspielerischen Fähigkeiten herausgeschunden hatte.

Udo Krahe: "Ich glaube, er wagt 2015 ein Comeback und schießt dann ein Tor." Dann überreichte er den Wanderpokal an die Sieger-Truppe. Tim Krahe, zweifacher Torschütze, schnappte sich den Pott. "Darauf muss ich gut aufpassen. Das Unterdorf wird versuchen, ihn uns in der dritten Halbzeit zu entwenden." Danach ging es gemeinsam zum Stiefeltrinken im "Krug zum grünen Kranze".

Das war für Jürgen Ruddies, der gleich nach seinem Umzug nach Rhöndorf-Wasserlage für die Unterdorf-Mannschaft verpflichtet wurde, ebenso neu wie die Schlachtgesänge der Oberdorf-Anhänger auf dem Platz: "Das Oberdorf soll siegen, das Unterdorf wird Haue kriegen."

Im vergangenen Jahr war es umgekehrt: Da holte sich das Unterdorf nach einem 4:4 nach der regulären Spielzeit den Sieg per Elfmeterschießen. Vorwurf der Oberdörfler: unlauterer Vorteil durch Spielereinkauf in Königswinter. Die Fifa hat über diesen Fall noch nicht entschieden. Unklar ist auch, ob Udo Krahes Rasierschaumeinsatz als Freistoßspray erlaubt war.

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