Leipziger Pfeffermühle begeistert das Honnefer Publikum Satire, Marke "extrascharf"

Bad Honnef · Sanft geht anders. Die Kabarettisten der Leipziger Pfeffermühle streifen sich nicht gerade Samthandschuhe über, wenn sie mit unverhohlenem Spott über Besserverdiener, Politiker und Wutbürger herziehen.

 Lieferte zwei Stunden beste Unterhaltung: Das Leipziger Emsemble in Aktion.

Lieferte zwei Stunden beste Unterhaltung: Das Leipziger Emsemble in Aktion.

Foto: Frank Homann

Sanft wäre aber auch weit weniger unterhaltsam. Jahrelange Bühnenerfahrung hat das Ensemble zur Erkenntnis geführt: Gut gepfeffert schmeckt Satire immer noch am besten. Und zwar je schärfer, desto besser. Entsprechend deftig war daher auch die Kostprobe des Leipziger Polit-Zynismus, die Honnefer Kabarettfreunde am Samstagabend im Kursaal aufgetischt bekamen.

Eigens aus Sachsen angereist war das Trio aus Miriam Hornik, Matthias Avemarg und Frank Sieckel, an Schlagzeug und Klavier begleitet von Steffen Reichelt und Hartmut Schwarze. Knapp zwei Stunden lang brannten sie unter dem Titel "Glaube, Liebe, Selbstanzeige" ein scharfzüngiges Sketch-Feuerwerk im Stakkato-Takt ab - immer bissig, nie billig, konstante Seitenhiebe à la Banken-Bashing inklusive.

Ganz großes Kino etwa, wie Hornik und Avemarg mit Pegida ins Gericht zogen: Als simpel gestrickter Arbeiter streckte Letzterer seiner weltoffenen Kollegin das Banner seiner Protestbewegung ins Gesicht - "gegen die Intellektualisierung des Abendprogramms von RTL 2". Etliche Verwicklungen in Widersprüche und "Lügenpresse"-Klagen später dann das entlarvende Fazit: "Verdammt noch mal, ich will nicht diskutieren, ich will Recht haben!"

Gesellschaftliche Missstände nicht bloß offenzulegen, sondern auch Salz in die klaffende Wunde zu streuen, darin verstand sich das Trio meisterhaft. Stichwort "demografischer Wandel": Wundervoll schrill-exzentrisch die Drohung des radikalen Netzwerks "Geriatrischer Untergrund" und des Stützstrumpfgeschwaders der Rentner-Armee-Fraktion, den Reichsstag an sich zu reißen.

"Und wenn der Plenarsaal erstmal uns gehört, machen wir Komasaufen mit Klosterfrau Melissengeist!" Natürlich nicht aus der Flasche, sondern direkt über den Katheter.

Und das alles finanziert mit dem Geld ach so hart schuftender Arbeitnehmer - nach aktuellem Trend ganze zwei Berufstätige für einen Rentner. Kein Wunder, dass das Ehepaar Beate und Udo "ihren" Rentner zu sich nach Hause bestellte, um ihm ordentlich die Leviten zu lesen: "78 Jahre alt? Mein Gott, Sie sind längst überfällig! Ihr Haltbarkeitsdatum ist abgelaufen!" Ein überaus zynisches, schwarzhumoriges und effektives Manifest für mehr Respekt vor dem Alter.

Mit scharfen Klingen filetierten die drei kabarettistischen Vorzeigetalente politische Fehltritte, gebrochene Wahlversprechen und das ewig leidige Thema von der Schere zwischen Arm und Reich. Hier die Paartherapie zwischen keifender SPD-Frau und untreuem CDU-Mann, der auf der Bundestagstoilette "Sondierungsgespräche" führt; dort eine höhnische Laudatio auf "Mutti, die schwarze Mamba der deutschen Politik" - fabelhaft vorgetragen von einer großartigen Miriam Hornik - und der wehleidige Ausblick: "Gegen Merkel war Kohl eine im Kindbett verstorbene Eintagsfliege".

Mit der Heuchelei-Schulung "Mehr Moral für Manager" wurde dann auch noch der bitterböse Bogen zum titulären Thema geschlagen.

"Moral? Was zum Geier ist das?", spotteten zwei Topverdiener, nach dem Motto: "Gesetze sind nur Reusen für die kleinen Fische". Das schallende Gelächter des Honnefer Publikums, das sich über den kräftigen Tritt in den Unterleib von Politik und Finanzwesen köstlich amüsierte, bezeugte die große Klasse des traditionsreichen Leipziger Kleinkunsthauses.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort