Evangelische Erlöserkirche Bad Honnef Mit heißer Luft gegen den Holzwurm

BAD HONNEF · Eine dreitägige Aktion in der evangelischen Erlöserkirche in Bad Honnef macht dem Schädling endlich den Garaus.

 Bei der Bekämpfung des Holzwurms wurde auf ein thermisches Holzschutzverfahren gesetzt: Durch drei dicke Schläuche wurde mit hohem Druck heiße Luft unter die Folienkonstruktion geblasen, die die befallenen Bänke umhüllte.

Bei der Bekämpfung des Holzwurms wurde auf ein thermisches Holzschutzverfahren gesetzt: Durch drei dicke Schläuche wurde mit hohem Druck heiße Luft unter die Folienkonstruktion geblasen, die die befallenen Bänke umhüllte.

Foto: Frank Homann

Da war im wahrsten Sinne des Wortes der Wurm drin. Aber nun wurde Nagekäfern samt Larven und Eiern der Garaus gemacht. Mit heißer Luft. Nur gut, dass im vergangenen Frühling eine aufmerksame Biologin einen Gottesdienst in der Erlöserkirche besuchte. Sie entdeckte einen einsam herumkrabbelnden Käfer. Ob dieser sich nun auf Brautschau befand oder ob es sich um ein weibliches Tierchen auf der Suche nach einem Ablageplatz für seine Eier handelte, war indes zweitrangig. Der Rat der Fachfrau an Pfarrer Uwe Löttgen-Tangermann, das Kirchengestühl untersuchen zu lassen, war jedoch genau richtig: Alle Bänke waren vom Gemeinen Nagekäfer befallen.

Die auch Holzwurm genannten Käfer können über einen langen Zeitraum unbemerkt ihr Unwesen treiben. Einziges äußeres Indiz für ihr Schaffen: das Holzmehl, das sich unter den Stellen ansammelt, wo sich eine Larve gerade durch das Holz knabbert. Diese gefräßigen Maden können bis zu acht Jahre in diesem Entwicklungsstadium verharren, ehe sie sich verpuppen und im Zuge einer Metamorphose ein geschlechtsreifer Käfer schlüpft.

Aber jetzt ist Schluss mit der "Wimmelei" in den Kirchenbänken. Die Spezialfirma Therm-Ex aus Papenburg rückte an, die sich auf solche Fälle spezialisiert hat. "Wir sind keine Schädlingsbekämpfer, sondern eine reine Holzschutzfirma", sagte Betriebschef Herbert Neumann. Und: "Wir haben hier einen massiven Befall."

Mit einem Mitarbeiter baute er ein Podest für die Bänke, verlegte dabei 500 Meter Dachlatten. Mit starker Folie wurde die Konstruktion eingehaust, so dass sie an den Anblick eines abgedeckten Riesenswimmingpools in der Kirche erinnerte. Vor der Tür stand ein Ölturbinen-Blaubrenner, von dem aus drei Schläuche unter das Foliendach führten. Über das Schlauchsystem wurde unter hohem Druck heiße Luft hineingeführt, aber auch abgesaugt. Dabei handelt es sich um ein Din-genormtes thermisches Holzschutz-Verfahren, das auf biologischen Kenntnissen beruht. Bei hoher Temperatur gerinnt das Eiweiß - dadurch werden Eier, Larven und Käfer abgetötet. Schon vor 100 Jahren kannten die Skandinavier das System, erklärte Herbert Neumann. Sie hüllten das betroffene Holz in Leder und pusteten mit einem Schmiedeblasebalg Luft ein.

Unter der Folie wurde es auch für den Gemeinen Nagekäfer der Erlöserkirche ungemütlich. Zehn Stunden lang dauerte die Behandlung durch "Dr. Therm-Ex". In dieser Zeit maßen Computersensoren die Temperatur in den Holzkernen und führten über den Temperaturverlauf ein Protokoll. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass auch an den tiefsten Stellen des Holzes nach der gleichmäßigen Dauerbeheizung die erforderliche Kerntemperatur von 55 Grad erreicht wird. Neumann: "Die Schädlinge sterben im Holz ab. Hundertprozentig. Das ist eine ganz saubere Sache, geruchlos, farblos, abgasfrei."

Drei Tage benötigte das Unternehmen für die Aktion. Es dauert allein einen Tag, um die Konstruktion aufzubauen. "Beheizt" wurde in zwei Abschnitten: Nach den Bänken im Kirchenschiff des 1900 geweihten und unter Denkmalschutz stehenden Gotteshauses kam die Empore dran. Die Prozedur zog natürlich viele Neugierige an.

Die Turbine und ihr Brummen auf dem Vorplatz der Erlöserkirche sowie die dicken, gelben Schläuche im Portalbereich erzeugten Aufsehen. Der Platzverweis für die ungebetenen kleinen Krabbler in ihrer Kirche kostet die Evangelische Gemeinde an die 5000 Euro.

Die Holzwürmer mögen übrigens die kühlen Sakralbauten - sie bieten ihnen die besten Lebensbedingungen. Deshalb sind Kirchenbänke, Altäre oder Holzfiguren besonders gefährdet vor diesen gefräßigen "Holz-Terroristen".

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