Kurz gefragt "Die Tat öffentlich machen"

Hauptkommissar Mario Becker (54) ist im Polizeipräsidium Bonn, Kommissariat Kriminalprävention/Opferschutz, der Spezialist für Fragen der Jugendkriminalität. Mit ihm sprach Hans-Peter Fuß.

 Mario Becker berät Opfer von Gewalt und Kriminalität.

Mario Becker berät Opfer von Gewalt und Kriminalität.

Foto: Roland Kohls

Wie sollten Jugendliche mit Provokationen und Gewaltandrohungen umgehen?
Mario Becker: Auf Provokationen sollte man nicht reagieren und den Ort verlassen. Typische Anmachsprüche sind "Hey, komm mal her", "Hast Du mal ne Zigarette", "Was guckst Du so". Man sollte Distanz aufbauen und keinesfalls zurückprovozieren.

Was kann ein Jugendlicher konkret tun, wenn er bedroht wird?
Becker: Wenn Leute in der Nähe sind, am besten frühzeitig Hilfe fordern, den Helfer gezielt ansprechen, dabei Blickkontakt herstellen. Zum Beispiel: "Sie da, mit dem blauen Hemd, helfen Sie mir..." Man sollte, wenn es möglich ist, die Nähe anderer Menschen suchen: Bushaltestellen, Geschäfte, Gaststätten.

Hätte der 16-Jährige auf die Forderung "Niederknien" eingehen sollen?
Becker: Es ist immer eine Sache der Abwägung, wie stark die Bedrohung ist. Grundsätzlich sollte es das Ziel sein, Distanz zum Angreifer aufzubauen und sich der Bedrohung zu entziehen. In letzter Konsequenz rate ich dazu, auf die Forderung des Angreifers einzugehen und kein falsches Heldentum an den Tag zu legen.

Ist es sinnvoll, die Tat öffentlich zu machen?
Becker: Ja, dazu rate ich. Das Opfer sollte den Vorfall Eltern, Freunden, Mitschülern und Lehrern schildern und ihn bei der Polizei anzeigen. Die Veröffentlichung der Tat schützt in der Regel vor Folgebedrohungen. Alles würde auf den Täter zurückfallen. Eventuelle Folgebedrohungen sollten ebenfalls sofort angezeigt werden.

Wie können Unbeteiligte einem Opfer in einer Notlage helfen?
Becker: Sie können durch lautes Rufen aus sicherer Entfernung ablenken und wenn möglich das Opfer aus der Situation herausführen wie etwa durch den Ruf "Kommen Sie her". Man sollte sich auf jeden Fall Täter und Tatgeschehen einprägen, um später als Zeuge aussagen zu können. Bei Gewalttaten sollte unverzüglich polizeiliche Hilfe über den Notruf 110 angefordert werden. Weitere Tipps in Sachen Zivilcourage geben wir auf der Internetseite www.aktion-tu-was.de.

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