Geschichtsverein Unkel Theatergruppe bringt brisanten Zwist von einst auf die Bühne

UNKEL · Im alten Rathaus der Kulturstadt am Rhein tobt seit Ostern zumindest an einem Tag in der Woche wieder der Kulturkampf. Die Theatergruppe des Geschichtsvereins lässt den Machtkampf zwischen dem preußischen Staat um Reichskanzler Otto von Bismarck und der katholischen Kirche wieder aufleben.

 Streithähne: Bürgermeister Oskar Theodor von Altrock, verkörpert von Wolfgang Ruland (links) und Pfarrer Johann Heinrich Stolten, gespielt von Werner Geißler.

Streithähne: Bürgermeister Oskar Theodor von Altrock, verkörpert von Wolfgang Ruland (links) und Pfarrer Johann Heinrich Stolten, gespielt von Werner Geißler.

Foto: Horst-Dieter Küsters

"Ich verbitte mir, dass Ihr dahergelaufener Gemeindebüttel Jupp auf meinem Kirchhof herumlungert. Können oder wollen Se die Toten nicht in Ruhe lasse?", fährt der Unkeler Pfarrer Johann Heinrich Stolten im Ratssaal Bürgermeister Oskar Theodor von Altrock an, für den Geistlichen "en pingelich preußischer Ääzeteller".

Die Theatergruppe des Geschichtsvereins lässt den Machtkampf zwischen dem preußischen Staat um Reichskanzler Otto von Bismarck und der katholischen Kirche in den Jahren nach der Reichsgründung 1871 in dem von Elsbeth Bovy und Gisela Meitzner geschriebenen Stück "Schockschwerenot, Herr Bürgermeister!" auf der Unkeler Bühne wieder aufleben. Grundlagen für die Autorinnen waren die Recherchen ihrer Männer, des Vorsitzenden des Geschichtsvereins Piet Bovy und von Stadtarchivar Wilfried Meitzner, während die Bad Honneferin Doris Fortuin, wie schon bei den Freiligrath-Aufführungen des Vereins vor einigen Jahren, für die Regie gewonnen werden konnte.

"Mein Mann ist darauf angesprochen worden, dass in Unkel noch Nachfahren von Bürgermeister Altrock leben müssten", erinnert Bovy. Seine Nachfrage bei Jakob Wierig habe ihn zutiefst erschüttert: "Der Bürgermeister Altrock war hier gar nicht beliebt. Der ist 1891 in der Jauchegrube erstickt", musste er erfahren. Grund genug für Piet Bovy, sich mit dem Schicksal des unglücklichen Kommunalpolitikers genauer zu beschäftigen, der im Oktober 1880 zunächst kommissarisch, ab Mai 1981 ganz offiziell von der protestantischen preußischen Administration als Bürgermeister von Unkel eingesetzt worden war.

"Im Landeshauptarchiv Koblenz, in dem die Personalakten des Bürgermeisters lagern, wurde ich fündig", berichtet der Heimatforscher. Außerdem gab die Bürgermeisterchronik weitere Aufschlüsse über die Dauerfehde Altrocks, im Stück dargestellt von Wolfgang Ruland, mit dem streitbaren Pfarrer Stolten, in dessen Rolle Werner Geißler geschlüpft ist. "Während einer Wanderung mit Gisela ist uns der Gedanke gekommen, die brisanten Auseinandersetzungen auf die Bühne zu bringen, um den Unkelern diese spannende Zeit näherzubringen", so Elsbeth Bovy.

Mit Unterstützung des ehemaligen Stadtarchivars Rudolf Vollmer, der sich schon in seiner Chronik "Unkel am Rhein" mit dieser Zeit auseinandergesetzt hatte, und mit seinem Nachfolger machten sie sich vor gut eineinhalb Jahren an die Arbeit.

"Wir haben die einzelnen Begebenheiten so geordnet, dass ein vernünftiger Szenenablauf gewährleistet ist, der aber einen ständigen Bühnenumbau bedingt", so Gisela Meitzner. Sie fungiert als Souffleuse, während ihre Autorenkollegin Altrocks Frau Anna spielt. Selbst der Loewe-Schwiegersohn, der Kaiserliche Kapitän zur See a.D. James von Bothwell, den der Stadtarchivar spielt, wird zum Leben erweckt, während Piet Bovys Vorgänger, Norbert Knoppik, Landrat von Runkel verkörpert.

Aufgeführt wird das Stück von Donnerstag, 28., bis Samstag, 30. November, im Pfarrheim, Corneliaweg, jeweils ab 19.30 Uhr. Es sind aber nur noch wenige Karten zum Preis von 8 Euro bei Florian Schädlich, Frankfurter Straße, erhältlich. Zum Thema gibt es zudem einen Vortrag von Wilfried Meitzner am Donnerstag, 14. November, ab 19.30 Uhr im Gästehaus Korf/Lanz.

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