Mario Adorf feiert Geburtstag Deutschlands beliebtester Bösewicht wird 85

Bonn · Er ist einer der wenigen deutschen Weltstars - Mario Adorf, begnadeter Schauspieler, Komödiant mit Herz und schreckenerregender Bösewicht. Im Eifelstädtchen Mayen wuchs Adorf auf, stand bereits als Student auf der Bühne und wurde früh zu einem internationalen Star des Kinos.

 Ein neues Kapitel: Mario Adorf am Rande der Vorstellung seines Buchs "Schauen Sie mal böse".

Ein neues Kapitel: Mario Adorf am Rande der Vorstellung seines Buchs "Schauen Sie mal böse".

Foto: dpa

Jeder hat seine Lieblings-Adorf-Figur. Denn so vielseitig seine Rollen, so liebevoll deren Ausarbeitung und so gegensätzlich die Charaktere gerieten: Mario Adorf, der hinreißende Schauspieler, der Gestrauchelte ebenso verkörpert, wie er auch die Rampensau geben kann, hat sich in das Herz der Deutschen gespielt.

Bei Rankings liegt er in der Regel auf Platz eins. Heute wird er 85, und es spricht nichts dagegen, dass sich diese beispiellose und mit allen denkbaren Preisen gewürdigte Karriere fortsetzt.

Der Lieblings-Adorf Nummer eins tritt im Bademantel mit einem "N" auf der Brust auf: Generaldirektor Heinrich Haffenloher aus Kir Royal (1986), der Baby Schimmerlos (Franz Xaver Kroetz) als Kölscher Pate unter Druck setzt: "Ich scheiß dich sowas von zu mit meinem Geld, dass du keine ruhige Minute mehr hast.

Ich schick dir jeden Tag Cash in einem Koffer", raunt er. "Das schickst du zurück. Einmal, zweimal, vielleicht ein drittes Mal. Aber ich schick dir jeden Tag mehr. Irgendwann kommt der Punkt, da bist so mürbe und so fertig, und die Versuchung ist so groß und da nimmst es."

Mit bewegungsloser Miene: "Und dann hab ich dich, dann gehörst du mir. Dann bist du mein Knecht. Ich bin dir einfach über. Gegen meine Kohle hast du doch keine Chance. Ich will doch nur dein Freund sein - und jetzt sag Heini zu mir." Ein grandioses, in seiner darstellerischen Wucht beklemmendes Stück TV-Geschichte. Der Hafferloher ist eine Anleihe an den Baulöwen, den Adorf in Rainer Werner Fassbinders "Lola" spielte.

Adorf spielte in 150 Filmen mit

Lieblings-Adorf Nummer zwei: Die rheinische Frohnatur Alfred Matzerath in "Die Blechtrommel", "ein passionierter Koch, der Gefühle in Suppen zu wandeln verstand", wie Grass die Figur beschrieb. Ein Mann mit Seele, dabei polternd, ungeschickt, ein Opportunist reinsten Wassers, ein kleinbürgerlicher Mitläufer des NS-Regimes. Mit angehaltenem Atem verfolgt man das intensive Spiel.

[kein Linktext vorhanden]Adorf schließlich als psychopathischen Massenmörder Bruno Lüdke, der in "Nachts, wenn der Teufel kam" (1957) elf Jahre lang Frauen umbringt, als dritten Lieblingsfilm zu nennen, erscheint wegen des drastischen Themas kaum passend. Wie der 27-Jährige aber dieses Monster anlegt, wie er dem so tumben wie wendigen Killer Mimik und Stimme, eine Körpersprache gibt, in denen stets höchste Gefahr lauert, zeigt schon die große Klasse dieses wunderbaren Schauspielers.

In 150 Filmen hat Adorf mitgespielt: Er war der bärbeißige Tyrann in "Via Mala!"(1985), der Promiwirt in "Rossini" (1997), hat als "Großer Bellheim" (1993)den schlitzohrigen Unternehmer gegeben. Er konnte aber auch ordinär wie sonst nur der Parvenü und Prolet Haffenloher sein. "Warum leckt sich ein Rüde die Eier?", fragt Adorf als Mafioso Heiner Lauterbach - und gibt sich die Antwort in Dieter Wedels "Schattenmann" (1996) großkotzig selbst: "Weil er's kann!"

Ein Kind der Eifel

Adorf wurde 1930 als nichteheliches Kind der aus der Eifel stammenden Röntgenassistentin Alice Adorf und des kalabresischen Chirurgen Matteo Menniti in Zürich geboren. Er wuchs in Mayen in der Eifel auf, liebte das Boxen und das Schauspiel, entschied sich aber fürs Letztere, begann eine Theaterkarriere, die ihn 1955 an die Münchner Kammerspiele führte.

[kein Linktext vorhanden]Bald wurde er für den Film entdeckt, zählte zu den zentralen Figuren des deutschen Nachkriegskinos. Mit einer ungeheuren Bandbreite, die von Jungen Deutschen Film von Schlöndorff und Fassbinder bis Hollywood reicht (wo er für Robert Siodmak und Billy Wilder vor der Kamera stand), vom Italo-Western bis zu Chabrols "Stille Tage in Clichy".

Adorf glänzte als Darsteller sinisterer Figuren, Schläger, Mörder und Unterweltbosse, verkörperte aber auch den farblosen Santer in "Winnetou I", eine Rolle, die er nie gemocht hat, und für die ihn bis heute Winnetou-Fans hassen.

Schließlich hat er als Santer Winnetous rehäugige Schwester Nscho-tschi (Marie Versini) getötet. Adorf wollte den Bösewicht nicht spielen, die Figur war ihm zu seicht. Doch man riet ihm zu, sagte er im Interview: "Das müssen Sie spielen, das ist deutsches Kulturgut". Inzwischen zählt Adorf selbst zum deutschen Kulturgut.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Zum Thema
Aus dem Ressort
Momente der Entrückung
Momente der Entrückung
Philippe Jordan dirigiert die Wiener Symphoniker in der BeethovenhalleMomente der Entrückung