Verein Milites Sentiacum im Gewölbekeller Kein Fernsehen im Mittelalter

SINZIG · Kämpfe, Ritter, Kinderarbeit - im urigen Zehnthofgewölbe zeigte die "Kaleidoskop"-Reihe für junge Menschen wieder eine neue Facette. Diesmal führte das von Monika Recker-Johnson und Ulrike Froissant geleitete Programm gut 500 Jahre zurück in die Vergangenheit.

 Ins Mittelalter entführten die Akteure von Milites Sentiacum ihr junges Publikum im Sinziger Gewölbekeller.

Ins Mittelalter entführten die Akteure von Milites Sentiacum ihr junges Publikum im Sinziger Gewölbekeller.

Foto: Martin Gausmann

Etliche Kinder hatten sich, bereit für die Zeitreise, erwartungsvoll auf Kissen niedergelassen. Ihr Ziel sollte, spielerisch vermittelt durch das Sinziger Aufgebot von Milites Sentiacum, das Spätmittelalter sein.

Dass damals viele Männer Bundhosen und die Frauen lange Kleider trugen, es außerdem schicklich war, das Haar zu bedecken, erkannten die jungen Gäste schon am Aussehen der Truppe, zu der Bernd, der hoch gewachsene Robert, genannt "der Kleine", der besser gekleidete "Söldner Achim, unser Rentner" und Hauptmann Holger, auch Feldscher, das heißt Arzt, zählten.

"Wir Männer sind Söldner, wir verdienen unser Geld durch Kämpfen", erklärte er. Die Familien folgten ihnen zu den Kampforten, so dass die Küchenmagd Martina, Marktfrau Nadine und ihre Mädchen mit von der Partie waren. Am Marktstand durften Mutige aus dem Publikum sich zeitgemäß einkleiden lassen, bevor Nadine fragte: "Was haben denn die Kinder damals gemacht, Fernsehen geguckt, Fahrrad gefahren?"

Empört verneinten die Kleinen. In der Aufregung kam ihnen aber nicht nur das angetragene "Großer Mist" über die Lippen, sondern gleichfalls lautes "Nein" und "stimmt ja gar nicht". Was zur Spielwelt gehörte, erfassten sie bald durch Holzfiguren und Filzbälle, die zwischen ihnen umher kullerten.

Eifrig sortierten die geschätzt Vier- bis Siebenjährigen auch die Lebensmittel in Heute und Früher. Die aktuelle Plastikschüssel nahm Tomate, Mais, Brokkoli und Kartoffel auf, der Weidenkorb Äpfel, Kohl, Zwiebel, Rote Bete. Aber Brownies, Fertiggerichte, Ananas aus der Dose? "Großer Mist" riefen die Knirpse. Sie hörten, dass Fleisch selten auf den Tisch kam, die Kinder von früh auf im Haushalt und Garten mitarbeiten und die Mädchen abends spinnen mussten.

Für ein "Ringelreihen", wie im Zehnthof praktiziert, aber reichte die Freizeit. Ihr Lebensweg war dann weitgehend vorbestimmt. Armer Leute Kinder wurden Magd und Knecht, Handwerker- und Kaufmannsnachkommen blieben in ihren Reihen. Kinder von Rittern konnten Burgherren werden. Als Knappe begleiteten die Jungen ihren Herrn und erhielten 21-jährig nach langer Ausbildung den Ritterschlag, was im Gewölbe dem sichtlich glücklichen Liam bereits im zarten Alter von Fünf widerfuhr. Söldner Holger kommentierter: "Dies ist der letzte Schlag, den du ohne Gegenwehr entgegen nehmen musst."

Nachdem die Recken auch die Mühen des Ankleidens vorgeführt hatten - sorgsam legten sie wattiertes Unterzeug an, zogen Kettenhaube, Helm und Brustpanzer darüber - ging es zum Schaukampf mit langen Stöcken, Streitaxt und Schwertern ins Freie.

Zurück im Gewölbe durften die Kinder probeweise Kleider oder Rüstung anlegen. Eine Stunde lang hatten die Milites-Mitglieder ihre Aufmerksamkeit hoch gehalten. Für ihr Zuhören wurden die Kleinen, die durch das Spektakel auch Lust auf den Barbarossamarkt bekommen sollten, zuletzt sogar mit einem Ritterschlag und einer Urkunde belohnt.

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