Genussvolle Regionalküche

ENDENICH · Im Gasthaus Nolden in Endenich wird an den regelmäßig stattfindenden Mundart-Abenden "Bönnsch Platt" gesprochen. Doch das ist nicht der einzige Tribut an die Brauchtumspflege. Auch der Gruß aus der bürgerlichen Küche hat viel mit der Region zu tun.

 Regionale Produkte im Blick: Testesserin Gabriele Kuhn, Jagdhaus-Rech-Wirt Markus Bitzen, Sabine Schlinke von Slow Food (von links).

Regionale Produkte im Blick: Testesserin Gabriele Kuhn, Jagdhaus-Rech-Wirt Markus Bitzen, Sabine Schlinke von Slow Food (von links).

Wenn Inhaberin Sabine Nehrkorn einkaufen geht, dann besorgt sie Gemüse und Kartoffeln im Vorgebirge, das Fleisch kommt vom Metzger vor Ort. Diese regionale und saisonale Orientierung war es dem Slow-Food-Convivium Bonn um Leiterin Sabina Schlinke wert, das im Brauhaus-Stil gehaltene Restaurant in den "Slow-Food-Genussführer Deutschland 2014" aufzunehmen.

Listet das gerade erschienene Pendant zum Restaurantführer "Osterie d'Italia" unter den Kriterien "gut, sauber, fair" mehr als 300 Gaststätten vom Allgäu bis zur Waterkant auf, haben es in der Region von rund 40 getesteten nur zwei geschafft: das Bonner Gasthaus Nolden und das Jagdhaus Rech an der Ahr.

Dessen Patron Markus Bitzen bescheinigt die Bonner Arbeitsgruppe, seit vielen Jahren frisch, regional und saisonal zu kochen. Der regionale Ansatz sei stetig weiterentwickelt und so konsequent umgesetzt worden, dass inzwischen sogar das Olivenöl durch Raps- und Distelöl aus dem Brohltal ersetzt wurde. Bitzen, der sich auf Wildgerichte spezialisiert hat, weiß, wo der Hirsch im Wald stand, aus dem er sein Carpaccio macht.

Der Spargel kommt ihm nur von Bauer Fuchs aus Grafschaft-Eckendorf auf den Tisch. "Und wenn die Tomatenzeit vorbei ist, dann gibt es im Winter bei mir auch keine Tomaten", so der Küchenchef. Da muss der Gast durch. Schlinke und Testesserin Gabriele Kuhn stellten nun im Jagdhaus den neuen Genussführer vor. Mehr als 400 Mitglieder machten sich bundesweit ein Bild von Restaurants und Wirtshäusern, Hotelküchen und Weinstuben, Almhütten und Fischerkneipen. Unangemeldet, ehrenamtlich und unabhängig.

Wer in die engere Wahl kam, und das musste kein Mitgliedsbetrieb sein, den besuchte eine zweite Gruppe erneut, um auszuschließen, dass es sich um eine kulinarische Eintagsfliege handelte. Die Suche war laut Schlinke gar nicht so einfach und eher ernüchternd: "Der Preisdruck in der Gastronomie hält viele davon ab, eine regionale und saisonale Küche anzubieten." Doch genau darum geht es Slow Food: "Wo kommen gute Gerichte aus frischen Zutaten im Einklang mit den Jahreszeiten auf den Tisch? Welcher Wirt bietet seinen Gästen Speisen ohne künstliche Zusatzstoffe und zu angemessenen Preisen an?"

Die Convivien hoffen, damit auch eine Diskussion auszulösen und neue Gastwirte zu animieren, die regionale Kochkultur an ihren Herden umzusetzen. "Das wahre pulsierende Herz der kulinarischen Identität eines Landes ist viel eher in den regionaltypischen Gasthäusern als in der gehobenen Küche zu finden", sagt Slow Food Gründer Carlo Petrini: "Ich möchte die Geschichte einer Speise kennen. Ich stelle mir gerne die Hände derer vor, die das, was ich esse, angebaut, verarbeitet und gekocht haben." Marion Monreal

Info: Slow Food Genussführer Deutschland 2014, oekom-Verlag München, 344 , 19,95 Euro, erhältlich im Buchhandel auch als E-Book

Info: Gasthaus Nolden, Magdalenenstr. 33, 53121 Bonn-Endenich, Tel. (0228)623304

Info: Jagdhaus Rech, Bärenbachstr. 35 53506 Rech, Tel. (02643)8484

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