Wildtiere im Kreis Ahrweiler Emotional geführte Diskussion über die Ursache tot aufgefundener Wildtiere

KREIS AHRWEILER · Emotional wird seit Monaten die Diskussion um im Kreis Ahrweiler tot aufgefundene Wildtiere (Rotwild, Rehwild, Muffel) geführt. Während die Kreisjägerschaft Auszehrung (Kachexie) als Folge des harten Winters und des Fütterungsverbotes des Landes als Ursache ins Feld führt, sieht das Mainzer Umweltministerium Parasitenbefall als ursächlich für das Fallwild an.

 Auszug aus dem Gutachten des Landesuntersuchungsamtes.

Auszug aus dem Gutachten des Landesuntersuchungsamtes.

Foto: Privat

Dieser sei auch in der zu hohen Population in den Revieren begründet. Beide Seiten berufen sich dabei auf Gutachten des Koblenzer Landesuntersuchungsamtes. Beide Varianten erscheinen möglich, schließen sich nach Veterinärauskunft zumindest nicht aus. Denn das im Pansen gefundene Grünfutter hätte auch vom geschwächten Körper nicht mehr verwertet werden können.

Front machen die Jäger damit auch gegen die geplante neue Landesjagdverordnung, die das Ministerium hingegen mit Vehemenz verteidigt und sich auch auf "landerweite Zustimmung" der Bauernverbände beruft. Was für den Kreisverband Ahrweiler nicht zutrifft.

Denn der 1000 Mitglieder starke Verband von Kreisbauernchef Hans Boes hat Widerstand angekündigt. Gleichzeitig rufen die Bauern im Kreis Ministerin Ulrike Höfken dazu auf, sich vor Ort ein Bild von der Situation zu machen. Eine Ministeriumssprecherin signalisierte im GA-Gespräch, dass Mainz nicht abgeneigt sei, das Thema durch einen Runden Tisch zu entemotionalisieren.

Jäger

"Statt moderne wildbiologische Erkenntnisse im Interesse der Tiere umzusetzen, geht es diesen immer weiter an den Kragen", schimpft Jürgen Kindgen, Vorsitzender der rund 800 Jäger im Kreis Ahrweiler. Alle untersuchten tot aufgefundenen Rottierkälber hätten an Auszehrung gelitten, teilweise sei bereits das Herzkranzfett abgebaut gewesen. Kindgen: "177 Rehe, 172 Stück Rotwild und elf Muffel wurden verendet gefunden." Alle Stücke seien im Winter gefunden worden, der Ernährungszustand sei daher Todesursache. Das Fütterungsverbot des Landes sei verantwortlich für das "Elend der Tiere". Kindgen weist auch Vorwürfe zurück, die Jäger wären durch Versäumnisse für die jetzige Situation verantwortlich. Seit Jahren erfolge im Kreis ein hoher Rotwildabschuss.

Bauern

"Kein Bauer lässt sein Vieh verhungern", sagt der Chef des Kreisbauern- und Winzerverbandes, Hans Boes. Sein Vize, Anton Gieraths, ergänzt: "Als Landwirt, der von den Ressourcen der Natur lebt, muss man einen respektvollen Umgang mit der Natur pflegen." Sie unterstützen die Initiative der Kreisjägerschaft Ahrweiler, bei der die Landesregierung aufgefordert wird, das Fütterungsverbot aufzuheben. Zu welchen Folgen das Verbot führen kann, hatte der Bauernverband jüngst in Heckenbach beklagt. Dort waren ganze Rotwildrudel in die Futtersilos eines Bauern eingebrochen und hatten diese geplündert. Der Bauer sprach von mehreren Zehntausend Euro Schaden. "Dieser hätte durch eine Aufhebung des Fütterungsverbotes vermieden werden können", sagt Boes.

Ministerium

"Die Rotwildkälber sind nicht verhungert, weil sie kein Futter gefunden haben, sondern weil die Parasiten im Körper der Tiere als Nahrungskonkurrenten wirken und zusätzlich die betroffenen Organe wie Lunge und Darm enorm schädigen", erklärte Heike Spannagel, Sprecherin des Mainzer Umweltministeriums. Ein starker Endoparasitenbefall führe trotz Nahrungsaufnahme zu einer Abmagerung - beides begünstige weitere Krankheiten und könne im schlimmsten Fall den Tod zur Folge haben. Die hohe Rotwilddichte im Kesselinger Tal begünstige die Durchseuchung mit Endoparasiten, stresse die Tiere durch den Kampf um Ressourcen und führe im Ergebnis zu einer kranken, geschwächten Population mit einer hohen Mortalitätsrate. Erhöhte Fallwildzahlen seien die Folge.

Förster

"Jäger schießen gegen neue Jagdverordnung - das ist Stoff, aus dem ein Bumerang wird", findet Förster Andreas Zedler aus Mayschoß, hat dieses den Landtagsabgeordneten des Kreises auch in dieser Form mitgeteilt. Winterzeit sei immer auch Hungerzeit für alle Wildtiere. Die Jägerkampagne benutze den "Hang zur Bambi-Mentalität". Zedler: "Dabei ist der wirkliche Tierschutz-Skandal der Unwille bestimmter Jägergruppen, in den Kerngebieten die massive Übernutzung und damit Selbstzerstörung des Rotwildlebensraumes zuzulassen." Er gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass "eine Koalition der Willigen zusammenkommt und an einem tierschutzgerechten Lebensraum nicht nur für das Rotwild arbeitet, und der auch die gesetzlich definierten Ansprüche erfüllt".

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