Wie im Museum 25-Jähriger aus Köln lebt wie vor 100 Jahren

Köln · Wer Florian Schmitz besucht, könnte denken, dass er mit einer Zeitmaschine gereist ist. Denn der 25-Jährige aus Köln zieht sich so an wie Männer vor 100 Jahren. Seine Wohnung gleicht einem Museum.

 Florian Schmitz legt in seiner Wohnung eine Platte auf dem Grammophone auf.

Florian Schmitz legt in seiner Wohnung eine Platte auf dem Grammophone auf.

Foto: dpa

Er trägt gern Hosenträger, besondere Hosen mit hohem Bund und eine Mütze auf dem Kopf. Seine Frisur erinnert ebenfalls an die Zeit: an den Seiten kurz, das Deckhaar teilt ein Seitenscheitel.

Auch in seiner Wohnung sieht es so aus wie vor 100 Jahren. Dort stehen zum Beispiel sehr alte Möbel und Kerzenleuchter. Diese hat der Mann auf Flohmärkten oder im Internet gekauft hat. Sogar ein Grammofon hat der 25-Jährige. Darauf spielt er Musik von alten Schallplatten ab.

"Es ist eine Lebensweise"

Warum Florian Schmitz das macht? "Ich habe einfach gespürt, dass es das ist, was ich will - und ich bin glücklich damit", sagt er. Mit 14 habe er damit angefangen.

Damals gab es eine Fernseh-Dokumentation über ein Experiment, bei dem die Teilnehmer auf einem alten Gutshof so lebten wie die Menschen um das Jahr 1900, ohne Strom und fließendes Wasser. "Das war für mich der Anstoß."

Seine Eltern hätten es erst als pubertäre Phase abgetan, als er plötzlich in Klamotten rumlief, die seit Jahrzehnten aus der Mode waren, und sich seine erste antike Schrankuhr zulegte. "Aber irgendwann haben sie gemerkt, dass es mir ernst ist - zum Glück waren sie sehr tolerant." Nach und nach kaufte Schmitz immer mehr Dinge zusammen und stattete nach dem Auszug aus dem Elternhaus seine eigenen vier Wände nahezu museumsreif aus.

Florian Schmitz würde auch gern auf offenem Feuer kochen. Das ist in seiner Wohnung aber nicht erlaubt. Darum hat er einen Elektroherd. Das ist nicht das Einzige aus der neuen Zeit: Ein Kühlschrank steht in der Küche.

"Ich werde oft komisch angeguckt"

Seine blonden Haare sind an den Seiten kurz, das Deckhaar teilt ein Seitenscheitel. "Wenn ich unterwegs bin, werde ich oft komisch angeguckt oder ich krieg einen Kommentar ab - aber das ist mir egal."

Bei der Suche nach alten Kleidungsstücken und Gegenständen wird Schmitz häufig auf Flohmärkten fündig - und bei Internet-Auktionen. Denn auch wenn eine antike Schreibmaschine dekorativ auf dem schweren Sekretär steht: Auf Computer und Smartphone möchte Schmitz nicht verzichten. "Sonst würde man sich abschotten und zum Einsiedler werden - und das will ich auf keinen Fall", betont er. "Verabreden Sie sich mal per Brief mit einem Kumpel! Das ginge doch gar nicht."

Smartphone und PC

Seine Freunde akzeptierten ihn wie er ist. "Wir gehen am Wochenende raus, wie andere junge Leute auch. Ich sehe zwar anders aus, aber das ist dann auch der einzige Unterschied." Eine Freundin hat Schmitz momentan nicht. "Es ist schwierig, eine zu finden, die zu mir passt."

Doch so sehr er die Einrichtung, Kleidung und Frisuren aus der Zeit um die Jahrhundertwende liebt - er sei froh, dass er heute lebt. "Die damalige Gesellschaft, zum Beispiel das Frauenbild, das war doch schrecklich", meint er. "Wenn es eine Zeitmaschine gäbe, würde ich nur mitfahren, wenn ich auch wieder zurückkommen könnte."

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