Raffinerie Wesseling Unterirdischer Kerosin-See - Bezirksregierung nimmt Shell in die Pflicht

KÖLN · Die Bezirksregierung Köln wirft dem Mineralölkonzern Shell eine schleppende Beseitigung der Schäden nach dem Kerosinunfall in seiner Raffinerie in Wesseling vor.

Etwa eine Million Liter Kerosin sind im Februar aus einer defekten Leitung am Shell-Werk Wesseling ausgelaufen und haben über dem Grundwasser einen unterirdischen See gebildet.

Ganz und gar nicht zufrieden ist die Bezirksregierung Köln mit dem, was Shell bisher getan hat, um den Schaden zu beheben und die Öffentlichkeit zu informieren. Das hat die Behörde dem Unternehmen am Donnerstag bei einem sogenannten Aufsichtsgespräch deutlich gemacht.

"Leider besteht der Eindruck, dass die Firma Shell bislang nicht mit dem notwendigen Nachdruck an der Beseitigung der eingetretenen Schäden gearbeitet hat. Auch müssen wir feststellen, dass das Unternehmen die Behörden und die Öffentlichkeit nicht immer zeitnah über neue Erkenntnisse unterrichtet hat", sagte Joachim Schwab, Leiter der für den Bereich Umwelt zuständigen Abteilung der Bezirksregierung Köln.

Das Unternehmen und die Gutachter legten in dem Gespräch dar, dass das ausgetretene Kerosin bisher noch in einer Entfernung von 175 Metern vom Leck in Grundwassermessstellen gefunden wurde. Entgegen der ursprünglichen Annahme des Gutachters hat sich der Kerosinsee damit deutlicher in Richtung Westen entwickelt. Aber bis heute sei Shell nicht in der Lage zu erklären, wie groß der Kerosinsee tatsächlich sei.

Bis zum 12. Oktober wurden insgesamt 20 Grundwassermessstellen eingerichtet, um Größe und Lage des Kerosinsees zu ermitteln. In zwölf dieser Messstellen wurde Kerosin gefunden. Sechs Messstellen liegen außerhalb des durch den bisher einzigen Sanierungsbrunnen erfassten Absenktrichters.

"Schnellstmöglich müssen daher drei weitere Sanierungsbrunnen errichtet werden", so Schwab. Und die Bezirksregierung hat Shell aufgefordert, mindestens sechs weitere Grundwassermessstellen vorzubereiten.

Schwab: "Seit Februar 2012 ist dies bereits die sechste Ordnungsverfügung, die die Bezirksregierung gegenüber dem Unternehmen erlassen musste, um zu gewährleisten, dass die erforderlichen Maßnahmen zeitig durchgeführt werden. Gegen die Forderung einer 100-prozentigen Wanddickenmessung der unterirdischen Rohrleitungen hat Shell bereits Klage beim Verwaltungsgericht Köln erhoben."

Shell wird zusätzlich verpflichtet, das erst gestern vorgelegte Konzept für eine Sanierung von Erdreich und Grundwasser fortzuschreiben. In dem Aufsichtsgespräch wurden auch zwei neue Schadensfälle an anderen Rohrleitungen thematisiert, die sich am 2. und am 10. Oktober im Werk Nord der Shell-Raffinerie in Köln-Godorf ereignet hatten.

Am 10. Oktober hatte Shell die Bezirksregierung Köln über eine Undichtigkeit an einer einwandigen, mit Bitumen isolierten oberirdischen Produktleitung für Heizöl informiert. Die Leitung verbindet Tanks innerhalb des Werkes. Nach Angaben von Shell wurde der Schaden bei einer Begehung festgestellt.

Durch einen Saugwagen sollen rund 500 Liter Wasser/Heizölgemisch abgesaugt worden sein. Das Erdreich an der Schadenstelle wird ausgekoffert und untersucht.

Laut Shell sollen am 2. Oktober gegen 3 Uhr ebenfalls in Godorf an einer oberirdischen Rohrleitung 900 Kilogramm des Produktes Heartcut, ein Kohlenwasserstoffgemisch, ausgetreten sein. Diesen Vorfall habe das Unternehmen erst am 5. Oktober der Bezirksregierung mitgeteilt. Diese verspätete Unterrichtung habe Shell gestern nicht erklären können. Ein Gutachter habe dagegen festgestellt, dass etwa 3300 Kilogramm des Gemischs ausgetreten seien. Ob es für den Menschen gefährlich ist, wird geprüft.

Zur Schadenshäufung sagt Schwab: "Wir haben im August mit einer Sonderprüfung aller Rohrleitungen der Nord- und der Südtrasse begonnen und werden diese ausdehnen. Wir haben die Firma Shell heute aufgefordert, uns die Prüfberichte für alle Rohrleitungen mit wassergefährdenden Stoffen vorzulegen. Wir werden ferner ein Nachrüstkonzept fordern."

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