Kunst in Remagen „Zart und zackig“

REMAGEN · Die Bonner Ateliergemeinschaft stellt zum 30. Geburtstag in der Galerie Bassi aus. Künstler üben Kritik und nutzen Ironie.

 Vernissage in der Remagener Galerie Bassi: Tina Wedel im Gespräch mit Rosemarie Bassi.

Vernissage in der Remagener Galerie Bassi: Tina Wedel im Gespräch mit Rosemarie Bassi.

Foto: Martin Gausmann

„Kämmen am Tisch – Pfui!“ und „Niemals! Dazwischen-Reden“ lauten zwei der acht Regeln für eine Gruppenreise 1992 nach New York, witzig illustriert durch einen Läuserechen mit dampfender Tasse beziehungsweise zwei spitznasigen Frauen.

Die 1986 im Bonner Frauenmuseum gegründete Ateliergemeinschaft „zart & zackig“ unternahm damals die Reise und feiert derzeit in der Galerie Rosemarie Bassi mit der facettenreichen Ausstellung „Zugabe“ ihren 30. Geburtstag. Beteiligt sind neun Zarte und Zackige, von denen Marianne Pitzen, die im August vor 35 Jahren das Frauenmuseum Bonn gründete, mit ihrer Installation in hellem Aprikot die auffälligste Arbeit präsentiert. Unter dem Motto „Hingabe“ staffelt sie große schreitende Frauenfiguren und gekrümmte vogelköpfige Wesen. Ob es Männer sind, die erlöst werden wollen? Anna Sophie von Holleben aber bietet Konträres im Video, wo erst eine, dann mehrere Ameisen gegen den Strom laufen.

Gerne üben die Ausstellerinnen Kritik, Ironie inklusive. Wenn Marlen Seubert filigrane Flechtarbeiten, so eine Mitra und eine Burka aus Schweinedarm und Rinderblinddärmen, erstellt, dann als transparenten Fingerzeig auf die Unterdrückung von Frauen. Unter die Haut geht gleichfalls, wie Inge Broska ein Bewusstsein über die menschliche Fresskultur anmahnt, indem sie hochkant Gipsabdrücke halber Brathähnchen abbildet: Ihre Eat-Art (Ess-Kunst) frappiert durch die bizarre Ähnlichkeit der Tiere mit Menschen, die die Beine übereinandergeschlagen haben. Zum Nachdenken fordert auch Heide Pawelzik auf, deren Foto-Blicke sich auf scheinbar abgeworfene Hüllen am Boden richten, wobei der Eindruck zwischen Häuten und Textilien schwankt.

Zwei Künstlerinnen arbeiten mit Überlagerungen. Martine Metzing-Peyre legt in anmutig bewegten schwarzgrundigen Papierarbeiten weiße Skelettstrukturen über gerundete bläuliche Formen. Im Gegensatz zu diesen heiteren Meditationen über die Vergänglichkeit setzt Malerin Ise Schwartz dem Auge zu. Im neonfarbigen Mustermix von Epochen, die sich ins kollektive Gedächtnis eingegraben haben, finden sich etwa Nierentischrundungen der 1950er Jahre. Große, fast monochrome helle Acrylbilder entstanden dagegen während Tina Wedels „Weiß-Rauschs“. Tritt man näher, sind Farbnuancen und zarte Einzeichnungen zu erkennen. Ilse Wegmann schließlich experimentierte mit geblitzten Fotoporträts im Spiegel. Auch hat sie Häuser und Burgenrelikte in Schwarz-Weiß gemalt, beides verwischt, wie geschliffen vom steten Zug der Zeit.

Die Ausstellung in der Marktstraße 109 ist bis Ende August geöffnet, mittwochs bis sonntags von 14 bis 18 Uhr.

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