Konzert in Bad Breisig Bethlehem im Walzertakt

BAD BREISIG · Der Andernacher Konzertorganist Sven Scheuren begeisterte in Bad Breisig an der einzigen norddeutschen Orgel im Rheinland.

 Sven Scheuren an der einzigen Norddeutschen Orgel in Sankt Marien in Bad Breisig. GAUSMANN

Sven Scheuren an der einzigen Norddeutschen Orgel in Sankt Marien in Bad Breisig. GAUSMANN

Foto: Martin Gausmann

Mit Improvisationen über bekannte Weihnachtsmelodien hat Konzertorganist Sven Scheuren nicht nur die Pfarrkirche St. Marien in Bad Breisig bis auf den letzten Platz gefüllt, sondern sein Publikum nach allen Regeln der Orgelkunst begeistert. Die einzige norddeutsche Orgel im Rheinland spielte er virtuos und sorgte damit für zahlreiches ungläubiges Staunen. Gemeindereferentin Christel Fassian-Müller rundete den Konzertabend mit geistlichen Impulsen ab.

Wer noch kein Konzert des Andernacher Künstlers miterlebt hat, der hätte denken können, dass Scheuren schon in den ersten Takten sein gesamtes Pulver verschießt. Glanzvoll schwang sich das Konzert mit dem ersten von zahllosen Tanzsätzen der Partita über „Alle Jahre wieder“ auf. Ein kurzer Choral leitete über zu einem wilden Ausbruch.

Glöckchen und täuschend echt imitierte Schafe schufen das richtige weihnachtliche Hirtengefühl. An der einen oder anderen Stelle konnte sich das Publikum ein Schmunzeln nicht verkneifen. So glanzvoll der Beginn, so sinfonisch präsentierte sich der Abschluss. Mit seiner Weihnachtsfantasie über „Ihr Kinderlein kommet“ nahm der Organist etwas Fahrt aus dem Konzert heraus. Die Melodie ergoss sich über einem an schottische Gesänge erinnernden Bordun und in einem flotten Tänzchen konnte man die Kinderlein regelrecht Laufen sehen.

Scheuren schaffte den Spagat zwischen breitem Orgelklang und einer Spielweise, die fast schon an eine Drehorgel erinnerte. Ein Kleinod war das kurze barocke Choralvorspiel über „Vom Himmel hoch da komm ich her“. Bewusste Verfremdungseffekte setzte der Beginn der Choralfantasie über „Wie schön leucht‘ uns der Morgenstern“. Das Lied hob an, um dann völlig anders fortgeführt zu werden. Schlussendlich setzte sich die bekannte Weise jedoch durch und erklang anschließend in allen Tonhöhen. Der Musiker setzte unter Beweis, dass es nicht immer eines lauten Schlusses bedarf, um ein Stück zu einem grandiosen Ende zu führen.

Fassian-Müller porträtierte in ihren Texten einen Bethlehemer Hirten, an den der Weckruf eines anderen, nicht minder unsicheren Hirten ergeht und machte in ihrem Neujahrswunsch hintersinnig klar, dass schlussendlich nur Hoffnung und Glaube eine auseinanderbrechende Welt noch zusammenhalten.

„Noël varié et fugué“ brachte französisches Flair an den Rhein. Der liebliche Choral führte über zu einer fernen Träumerei, die in einem flotten Fugato und einer ruhige Coda ihr Ende fand. Ein weiterer Höhepunkt war die Fantasia sopra „Zu Bethlehem geboren“, die als Marsch begann und sich dann aus einer ruhigen Passage heraus in einen Walzer verwandelte. Der Schluss ließ Vogelstimmen erahnen, eine ferne Hoffnung auf Frühling aus der Winterlandschaft. Mit ihrem feurigen Ansatz überrollte die Rhapsodie über „O du fröhliche“ die Zuhörer.

Mit der Melodie im Bass steigerte sich das Feuer über unzählige Arpeggien bis in einen heftigen Wirbel. Der Beifall brach nach dem letzten Ton aus den Zuhörern förmlich heraus, in Windeseile saß niemand mehr in den Bänken. Mit stehenden Ovationen erklatschten sich die Breisiger als Zugabe einen Klassiker: „Stille Nacht, heilige Nacht.“

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