Strukturwandel „Wollen keinen Ausverkauf der Heimat“

GRAFSCHAFT · Antworten, wohin die Grafschaft steuert, erhielten die Zuhörer beim Informationsabend der Bürgerinitiative "L(i)ebenswerte Grafschaft" in Eckendorf nicht.

In der Grafschaft scheint man erschrocken über sich selbst zu sein. Nach der Haribo-Ansiedlung mit ihren sich nun wohl erst abzeichnenden gewaltigen Dimensionen und einem etwaigen Bau eines Factory Outlet Centers (FOC) fragt man sich in der von Obst- und Ackerbau geprägten Gemeinde: Wohin steuert die Grafschaft? Eingeladen hatte die Bürgerinitiative „L(i)ebenswerte Grafschaft“ nach Eckendorf. Dort hat man bekanntlich besonders große Angst vor zunehmendem Verkehr.

Der CDU-Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende, Horst Gies, sowie der CDU-Kreisgeschäftsführer, Ratsmitglied und Beigeordneter der Gemeinde, Michael Schneider, sollten Rede und Antwort stehen. Bürgermeister Achim Juchem, ebenfalls CDU, hatte als Diskutant wegen Krankheit absagen müssen. Warum nun ausgerechnet die beiden Christdemokraten beantworten sollten, wohin der Weg der Grafschaft führe, erschloss sich nicht.

„Wir haben Angst davor, dass noch weitere Gewerbeflächen geschaffen werden und sich die Strukturen unserer naturnahen Orte in der Grafschaft nachteilig verändern“, so der Sprecher der Bürgerinitiative, Gerd Jung. Man wolle keinen „Ausverkauf der Heimat“. Und man wolle keine neuen Straßen. Es gelte abzuwarten, was „verkehrlich auf die Grafschaft zukommt“. Schließlich sei ja noch nicht sicher, ob ein FOC und der damit zusammenhängende Verkehr überhaupt kämen. Die jetzigen Planungen, nämlich Verkehrs-Ventile für das Gebiet rund um den Innovationspark in Ringen zu bauen, wertete Jung als „vorauseilenden Aktionismus“. Vielmehr sei ein „Zukunftskonzept“ mit Beteiligung der Bürger erforderlich.

Spannungsfeld zwischen Gewerbeansiedlungen, naturbelassener Landschaft und Agrarregion

Mit Bürgerbeteiligung und Moderationsverfahren habe man in der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler im Zuge der Twin-Diskussion gute Erfahrungen gemacht, bestätigte Horst Gies. Er wies grundsätzlich auf das Spannungsfeld zwischen Gewerbeansiedlungen, naturbelassener Landschaft und Agrarregion hin.

Die etwaige Ansiedlung eines FOC bereite ihm Sorge, da er nachteilige Auswirkungen auf den Einzelhandel der benachbarten Kommunen befürchte. Gies warnte vor einem Ausbluten der Innenstädte. Michael Schneider indes kann einem FOC am Rande des Innovationsparkes viel abgewinnen: „Da werden Arbeitsplätze geschaffen und Steuereinnahmen generiert. Es entsteht eine Wertschöpfungskette, von der die gesamte Region profitiert.“ Schneider sprach von „guten Zukunftsperspektiven“. Er glaube fest daran, dass es zur Ansiedlung des Outlet-Centers komme: „Wir wollen das schaffen.“ Zusätzlichen Verkehr, der die Gemeindestraßen belasten könnte, sieht er durch das unmittelbar an der Autobahn geplante Einkaufscenter nicht.

Die zahlreich erschienenen Zuhörer vernahmen es mit skeptischen Mienen. Antworten darauf, wohin die Grafschaft steuert, erhielten sie an dem Abend nicht.

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