Kostümwechsel im Rekordtempo Samba, Schützen, Selfie-Wahn

MARIENTHAL · "Köbes Underground" gaben zwei ausverkaufte Konzerte in der Klosterruine Marienthal.

 Bei "Musik und Wein" traten Köbes Underground auf.

Bei "Musik und Wein" traten Köbes Underground auf.

Foto: Gausmann

Die Veranstalter von „Kleinkunst and More“ haben mit „Köbes Underground“ auf das richtige Pferd gesetzt und sorgten an zwei Tagen über Fronleichnam für eine ausverkaufte Klosterruine Marienthal. Die Hausband der Kölner Stunksitzung überzeugte mit musikalischer Klasse, Einfallsreichtum und der nötigen Portion Wahnsinn, um einen rundum gelungenen Konzertabend zu präsentieren.

Wer zu spät kam, der musste sich durch die Menschenmassen im ehemaligen Gotteshaus regelrecht kämpfen. Einige Besucher waren schon über eine Stunde vorher vor Ort, um sich ihren Platz zu sichern und diesen wollten sie dann auch nicht ohne Protest aufgeben. Schließlich aber packte alle die Freude der Musik und aus der Menschenmasse wurde ein klatschender, schunkelnder und jubelnder Organismus. Kein Lied konnte sich vor der elfköpfigen Truppe um Frontmann Ecki Pieper in Sicherheit wiegen. Sogar aus Queens unkaputtbarem Evergreen „Bohemian Rhapsody“ wurde ein Stück, wie es sich Willi Ostermann angetrunken in einem Rapsfeld bei Bornheim nicht besser hätte ausdenken können.

Nicht verwunderlich, dass die aufführenden „Drei Liköre“ im Laufe der geschilderten Session einen nervösen Tick in Sachen „De Höhner“ entwickeln und schließlich in der Klapse von Köln-Merheim landen. Doch nicht nur die neuen Texte auf alten Melodien sind abgedreht. Als Baumarktorchester spielen die Köbese auch gerne einmal Samba auf Spülen und Plastikeimern. Und zur Strebergartenversion von Rammsteins „Du hast“ erklang ein Laubgebläse. Frei nach dem Motto: „Wir spielen auf allem, außer Tiernahrung.“ Spezialgast wenn es um Hüftschwung und türkische Mentalität geht, war Ozan Akhan. An Rainer Maria Rilkes „Herbsttag“ biss er sich zwar die Zähne aus, als „Türkischer Schützenkönig“ jedoch eroberte er die Herzen der Zuhörerinnen im Fluge, was diese durch lautes Jauchzen kundtaten. Sozialkritische Untertöne finden sich immer im Programm von Köbes Underground und so ging es bei „Ich drück ab“ um den Selfie-Wahn, der besonders bei Konzerten um sich greift.

Kostümwechsel im Rekordtempo waren angesagt. Kurze, meist bewusst stumpfsinnige Überleitungen und schon hatte sich Pieper ein oranges Fußballtrikot übergezogen und besang mit den „Rejedropjes“ eine Zukunft, in der Aachen am Strand liegt und die Holländer mit Eisbein-Frikandel ihre Integration in Deutschland begehen. Mit einem Lied-Sketch über den 1956er Klassiker „Just a Gigolo“ von Louis Prima bewiesen die Kölner, dass sie auf außerordentliche Weise ihre Instrumente bedienen können. Mit der Köbes-Fernbedienung ging es plötzlich rasend schnell, dann wieder stark verlangsamt, in unterschiedlichen Sprachen. Vor dem Hintergrund dieses Programms war der Ausflug des traditionellen „Tambourcorps Heisterbacher Rott“ fernab der typischen Schützen-Atmosphäre nur ein weiterer von zahllosen Glanzmomenten.

Der Samstag wird zum Get-together mehrerer Acts. Neben Candy Dulfer und ihrer Band sind das Stephan Mössinger Trio und die Band Soulstar mit von der Partie.

Am Sonntag wird es dann zum Abschluss noch ein wenig verrückt, dann kommt Pawel Popolski mit der Popolski-Wohnzimmershow.

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