Streit um Fördergelder Land verklagt Behinderten-Werkstätten

KREIS AHRWEILER · Rheinland-Pfalz verlangt von den Trägern der Behinderteneinrichtungen Auskunft über die Verwendung von jährlich 240 Millionen Euro Fördermitteln. Der Landesrechnungshof hatte festgestellt, dass andere Bundesländer weit weniger ausgeben. Auch Werkstätten in Sinzig und Ahrweiler sind betroffen.

 In der Sinziger Caritas-Werkstatt werden behinderte Menschen als Schreiner beschäftigt.

In der Sinziger Caritas-Werkstatt werden behinderte Menschen als Schreiner beschäftigt.

Foto: Gausmann

. Zwischen den Trägern der Behinderten-Werkstätten in Rheinland-Pfalz und dem Land bahnt sich ein handfester Streit an: Die Einrichtungen werden jährlich mit Millionenbeträgen unterstützt, nun will das Land wissen, was mit den Steuermitteln geschieht: Eine Überprüfung, die das Sozialgesetzbuch vorsieht. Dagegen aber wehren sich die Träger. Die Folge: Das Land verklagt die Behinderten-Werkstätten. Betroffen sind unter anderem Einrichtungen in Sinzig und in Ahrweiler, die von der Caritas getragen werden.

Für die Arbeit mit den Behinderten bekamen die Werkstätten zuletzt rund 240 Millionen Euro im Jahr. Das Land will überprüfen, ob die Wohlfahrtsverbände als Träger der Werkstätten das Geld auch wirtschaftlich einsetzen. Dies nicht zuletzt auf Betreiben des Landesrechnungshofes, der bereits vor geraumer Zeit bemängelte, dass das Land den Betreibern der Werkstätten jedes Jahr mehr Geld überweist, ohne zu wissen, ob die Millionenbeträge gerechtfertigt sind. Zudem hatte der Rechnungshof bei einigen Werkstätten Unregelmäßigkeiten festgestellt.

Angebliche Unregelmäßigkeiten

So soll es nach Recherchen des Südwestfunks Einrichtungen gegeben haben, die den vollen Tagessatz erhielten, auch wenn die Behinderten nur halbe Tage dort waren. In einigen Fällen wurde Geld für Betreuer gezahlt, die es gar nicht mehr gab. Daraufhin kündigte die Landesregierung Prüfungen an, die die Betreiber aber von vornherein ablehnten. Der Landesrechnungshof hatte außerdem ausgerechnet, dass Rheinland-Pfalz den Betreibern der Werkstätten deutlich mehr Geld zahlt als andere Bundesländer.

„Alle 36 Werkstätten in Rheinland-Pfalz sind von der Klage des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung betroffen, also auch die Werkstätten in Sinzig und Ahrweiler“, so Marco Dobrani von der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen in Rheinland-Pfalz (LAG WfbM RLP) zum General-Anzeiger. Dabei gehe es um die Streitfrage, ob dem Land als überörtlicher Sozialhilfeträger ein jederzeitiges uneingeschränktes und anlassloses Prüfrecht zustehe oder nicht.

Werkstätten sehen kein Prüfrecht

Die Landesarbeitsgemeinschaft vertritt die Auffassung, dass dem Land nach dem Sozialgesetzbuch nur ein anlassbezogenes Prüfrecht zustehe. Dobrani: „Ein uneingeschränktes anlassloses Prüfungsrecht lehnen wir deshalb ab, weil wir dieses als unverhältnismäßig und willkürlich sowie als einen massiven Eingriff in unsere Berufssouveränität werten.“

Man begrüße nun die Klage, da über sie für alle Beteiligten Rechtssicherheit erreicht werde. Es gehe bei der Auseinandersetzung also nicht darum, „dass wir uns generell weigern, uns prüfen zu lassen, sondern um die Frage der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit von Prüfungen“, unterstrich Dobrani.

Bezüglich der im Vergleich zu anderen Bundesländern höheren Vergütungen und demnach Ausgaben für das Land Rheinland-Pfalz hätten sich das zuständige Sozialministerium und die Landesregierung glücklicherweise für die Beibehaltung der höheren Personalstandards ausgesprochen.

Viele Betreuer dank höherer Zuschüsse

Dobrani zum General-Anzeiger: „Die dadurch mögliche höhere Personalausstattung in rheinland-pfälzischen Werkstätten kommt den Menschen mit Behinderungen unmittelbar durch mehr Begleitung, Bildung, Betreuung und Integration zugute.“ Wäre die Landesregierung auf die Forderungen des Landesrechnungshofs eingegangen, so der Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft, wären dadurch über 500 Stellen in Rheinland-Pfalz zu Lasten der Menschen mit Behinderungen entfallen.

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