Andreas Kieling in Bad Neuenahr 800 Zuschauer erleben die „Wilde Eifel“

BAD NEUENAHR · Der aus dem Ahrkreis stammende, international angesehene Tierfilmer Andreas Kieling zeigte im vollbesetzten Kursaal die Schönheiten und Gefahren des Waldes auf.

 Ein volles Kurhaus bescherte Tierfilmer Andreas Kieling, der im Ahrkreis lebt, dem Hospizverein. FOTO: MARTIN GAUSMANN

Ein volles Kurhaus bescherte Tierfilmer Andreas Kieling, der im Ahrkreis lebt, dem Hospizverein. FOTO: MARTIN GAUSMANN

Foto: Martin Gausmann

Brunftschreie erfüllten den Kurhaussaal. Und auch die Todesschreie eines Hasen, der von einem Fuchs erwischt wurde, was ein kollektives, bedauerndes „Ooh“ der 800 Zuhörer hervorrief. So groß war das Interesse an der Benefizveranstaltung des Hospiz-Vereins Rhein-Ahr, bei der aber vor allem auch viel gelacht wurde.

Vereinsvorsitzende Ulrike Dobrowolny und Projektmanager Jochen Hörstensmeyer gaben die Bühne frei für den Schirmherrn des Hospiz-Vereins, Andreas Kieling, der seinen ab dem Jahr 2000 in vier Jahren gedrehten Film „Meine wilde Eifel“ live kommentierte und auch einige neuere Bilder aus der Eifel mitgebracht hatte: Aufnahmen wie den Nestbau einer Bache oder die Geburt von Frischlingen, die er jeweils als erster Tierfilmer überhaupt vor die Kamera bekommen habe, gab es zu sehen.

Und einen laut Kieling ebenfalls einzigartigen Keilerkampf, den er jedoch nicht unbeschadet überstanden hat: Als er in inmitten einer Rotte Wildschweine am Boden kniend gedreht habe, habe ihn damals ein Keiler angegriffen, erzählte er, und dass er viel Blut verloren habe, bis er es zu seinem Auto und ins Adenauer Krankenhaus geschafft habe. Die Narbe im Gesicht sah das Publikum auch nach mehr als zehn Jahren noch. Dennoch gelang es dem Tierfilmer aus Hümmel, seinen vielen Zuschauern und Zuhörern aus der Region eine vielen von ihnen wohl unbekannte Seite ihrer Heimat nahe zu bringen.

Klar, dass immer wieder die Jungtiere für Entzückung sorgten. Viel Gelächter gab es aber auch über liebestolle Rammler, die hinter einer Häsin hinterherrannten. „Nur einer paart sich, und für die andere ist es nur Illusion“, kommentierte Kieling trocken und mit stets gleichbleibender ruhiger Stimme die Hasenhochzeit. Die Aufmerksamkeit galt auch Bergmolchen, bei denen der erfolgreichste derjenige sei, der am längsten die Luft anhalten könne, sowie Testosteron gesteuerten Birkhähne, die blind vor Liebe wurden und zugleich auch nicht mehr auf ihre Feinde achteten. Das Publikum wurde genauso Zeuge eines unromantischen „Abschleppens“ nach Paarungsbiss beim Iltis wie eines Paarungssprungs bei Hirschen.

Es erfuhr zudem mehr über die Metamorphose der Hirschkäfer, über Waschbär und Schwarzstorch und, dass ein Laubfrosch nach Salatgurke riecht und schmeckt. Auf Fortpflanzung, Fress- und Sozialverhalten der Tiere ging Kieling ein, aber auch auf die Landschaft, in der diese Tiere leben. Er erklärte etwa, warum Magerwiesen und Totholz in der Eifel wichtig seien und, dass der Eifel-Film „das schwerste Projekt war, das ich je in meinem Tierfilmerleben gemacht habe“. Dies nach 25 Jahren im Beruf und einer Karriere, die mit einer siebenmonatigen Reise den Yukon-Fluss in Alaska entlang begann. Der Grund: Die Scheu und die Vorsicht der heimischen Tiere.

Kieling: „Das Entscheidende bei Tierfilmen in Deutschland oder auch bei Tierbeobachtungen ist, dass die Tiere sehr zurückgezogen leben. Sie sind vor allem Energiesparer. Also glauben Sie nicht, dass da immer was los ist, wenn Sie in den Wald gehen. Das ist nicht wie in Afrika. Da ist an jedem Wasserloch Mord und Totschlag.“

Auch von den Bedingungen des Filmens bei Regen, Schnee und Kälte bekam das Publikum einen Eindruck und immer wieder vom Leben der heimischen Wildschweine, die Kieling als hochintelligent bezeichnete. Gefährlich sei das Kölner Autobahnkreuz oder das Bahnhofsviertel in Frankfurt, aber nicht der Wald, auch nicht bei Nacht, sagte er und appellierte, mehr in den Wald zu gehen und die Natur zu beobachten.

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