Kurz gefragt: "Kränkungsgefühle spielen immer eine Rolle"

Mit Thomas Schläpfer, stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn, sprach Axel Vogel.

Kurz gefragt: "Kränkungsgefühle spielen immer eine Rolle"
Foto: privat

General-Anzeiger: Nach bisherigen Ermittlungen der Polizei hat in Hennef ein Vater nach einem Sorgerechtsstreit erst seinen dreijährigen Sohn und dann sich selbst getötet. Vor einigen Monaten gab es in Sankt Augustin einen ähnlichen Fall. Nehmen diese Fälle zu?

Thomas Schläpfer: Lassen Sie mich zunächst betonen, dass ich mich nicht zu dem konkreten Fall äußern kann und will. Grundsätzlich ist aber zu beobachten, dass Schwierigkeiten im Rahmen von Trennungssituationen zunehmen und die Verzweiflung bei manchen Elternteilen wächst. Da kann es dann, bei besonderer Ausprägung von gewissen Persönlichkeitsmerkmalen, zu Situationen kommen, wo ein Vater oder viel seltener eine Mutter sagt: Meine Familie ist zerstört, ich kann so nicht mehr weiterleben und das Kind nehme ich auch mit.

GA: Geht es dabei auch um eine Art von "Rache"?

Schläpfer: In der Tat spielt bei solchen Selbstmorden oft eine Rolle, dass der Täter beispielsweise den Richter oder das Jugendamt für die Situation bestrafen will, die diese vermeintlich angerichtet haben. Da spielen immer Kränkungsgefühle eine Rolle.

GA: Selbst die Polizei war schockiert über das Ausmaß an roher Gewalt, das der 24-jährige Vater offensichtlich angewendet hat. Ist das eher untypisch für eine solche Tat?

Schläpfer: Dass bei einem sogenannten erweiterten Suizid eine Schusswaffe verwendet wird, kommt relativ häufig vor. Dass bei einem erweiterten Suizid dem Opfer schwerste Verletzungen zugefügt werden, ist allerdings sehr ungewöhnlich.

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