"Jede Minute, die man früher da ist, ist wertvoll"

Wache Ittenbach seit Mai 2000 auch nachts besetzt - Putzen und Aufräumen gehören zum Job - Zweier-Teams - 24 Stunden-Schichten

Ittenbach. Um 8.45 Uhr lassen Werner Weiler und Guido Krautscheid in Ittenbach zum ersten Mal den Rettungstransportwagen (RTW) anspringen. Eine Arztpraxis in Aegidienberg hat den RTW über die Rettungsleitstelle des Kreises in Siegburg angefordert. Eine Patientin klagt über starke Schmerzen. Die Frau hat Koliken, sie muss ins Krankenhaus. In Bad Honnef wird man sich um sie kümmern, Weiler und Krautscheid übernehmen den Transport.

Zurück in Ittenbach. Um 11.47 Uhr meldet sich der Piepser in Weilers Jacke zum zweiten Mal an diesem Vormittag: "Verlegung von Intensiv zu Intensiv", befiehlt das Display. Die beiden Rettungsassistenten steuern über die Margarethenhöhe die Königswinterer Altstadt an, um einen Patienten der Intensivstation des Krankenhauses abzuholen. Ziel ist wieder Bad Honnef. Ein Arzt, der sich um den Schwerkranken kümmert, fährt mit.

Gegen 12.50 Uhr rollt der sieben Jahre alte RTW gemächlich zurück in die Garage an der Ittenbacher Wehrstraße. Seit 8 Uhr haben Weiler und Krautscheid gemeinsam Dienst und müssen es noch eine Weile miteinander aushalten: Erst um 8 Uhr am folgenden Morgen löst ein frisches Zweier-Team die beiden Männer ab. Was bis dahin noch alles passiert, ob es stressige 24 Stunden werden oder ein ruhiger Dienst, weiß morgens keiner.

Seit Mai 2000 ist die Ittenbacher Rettungswache genau wie die Zentrale in Königswinter-Tal auch nachts und somit 24 Stunden besetzt. Davon versprechen sich die Stadt und der Rhein-Sieg-Kreis eine schnellere Notversorgung der Bevölkerung im Bergbereich. Früher kamen die Retter nachts aus Königswinter-Tal, Beuel, Troisdorf, Sankt Augustin oder Siegburg, um in Oberpleis, Heisterbacherrott, Ittenbach, Aegidienberg und Umgebung Erste Hilfe zu leisten.

Die zeitraubenden langen Wege gehören nun seit fast einem Jahr der Vergangenheit an. Zum Glück, wie Weiler und Krautscheid finden: "Wir glauben und hoffen, dass es dabei bleibt. Die uns gesetzten Hilfsfristen sollen acht Minuten nicht überschreiten. Diese Fristen von Königswinter aus einzuhalten, ist nicht möglich." Wachleiter Weiler ist überzeugt: "Jede Minute, die man früher da ist, ist wertvoll."

16 hauptamtliche Rettungsassistenten (RA) und drei RA im Anerkennungsjahr arbeiten für die Berg-/Talwache Königswinter. Im Rollsystem kommt jeder Mitarbeiter an beiden Orten zum Einsatz; in Ittenbach bilden die Männer Zweier-, im Tal Dreier-Teams, denn dort wird zusätzlich zur Zweier-Besatzung des RTW ein Fahrer für das Notarztfahrzeug benötigt. Die 24 Stunden-Aufstockung in Ittenbach zog zwei Neueinstellungen nach sich.

Die Wache ist einfach und zweckmäßig eingerichtet: Sofa und Sessel gruppieren sich im Wohnzimmer um Couchtisch und Fernseher, die Mini-Küche verfügt über Mikrowelle, Herd und Kühlschrank und im winzigen Arbeitszimmer steht ein Schreibtisch. Dazu ein Ruheraum mit zwei Betten, deren Matratzen nicht bezogen sind. Mit Zuhause ist das Ganze nicht zu vergleichen: "Wir schlafen nicht, wir ruhen nur. Wenn man hier ins Bett geht, weiß man: Jeden Moment kann der Melder gehen. Ich komme meistens müde nach Hause, auch wenn die Nacht ruhig war", berichtet Krautscheid.

Die Hände in den Schoß legen können die Männer in Ittenbach selten: Die tägliche Kurzdesinfektion des RTW erfordert alleine 30 Minuten, dazu müssen Medikamente und Geräte im RTW überprüft werden, samstags und mittwochs steht jeweils eine dreistündige große Desinfektion an, Einsatzberichte und Fahrtenbuch sind zu schreiben. Dienstags und freitags ist Putztag: Dann stehen Aufräumen, Staubsaugen und Reinemachen auf dem Programm. "Wir sind gute Hausmänner", lacht der 51-jährige Weiler, der im Oktober 25-jähriges Dienstjubiläum bei der Stadt feierte. Unter den 16 Hauptamtlichen ist übrigens nur eine Frau. Der Rettungsbedarfsplan des Kreises wird nach Auskunft von Klaus Berger, Leiter des Kreisordnungsamtes, derzeit komplett neu aufgestellt. Die Rettungswache Ittenbach wird "auf jeden Fall hereingenommen", lautet seine Prognose.

Seit 2000 stehe Ittenbach mit der 24-Stunden-Besetzung verbindlich im Plan, und dabei bleibe es auch. Die gesetzlich vorgeschriebenen Eintreffzeiten seien sonst nachts nicht einzuhalten. Sie betragen laut Berger acht Minuten im städtischen und zwölf Minuten im ländlichen Bereich.

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