Der Kürbis wird zum Attribut des Horrors

Halloween ist im Rheinland kein Störfall - Die Invasion der gelben Fratzen findet auch im Ahrtal seit Jahren Anklang - Eine Ergänzung zum Karneval

  Gespenstisch:  Aus Kürbissen werden furchterregende Fratzen.

Gespenstisch: Aus Kürbissen werden furchterregende Fratzen.

Foto: Lannert

Kreis Ahrweiler. Das Ahrtal ist nicht aus der Welt und das Rheinland schon gar nicht. So hat sich das amerikanische Halloween-Fest seit einigen Jahren natürlich auch in der Region ausgebreitet. Grusel-Gelichter wie Dämonen und Hexen, Vampire und Zombies, nutzt die Nacht zum 1. November für seinen finsteren Auftritt. Der Kürbis, Markenzeichen des Spukfestes, in Gärtnereien und bei selbst vermarktenden Bauern zu haben, leuchtet spätestens Anfang Oktober als Herbstdeko in den Vorgärten.

Der Handel hält für die Fans pünktlich allerlei schauriges Zubehör bereit. Zur Halloween-Fete wollen die Gäste schließlich hübsch-hässlich verkleidet, geschminkt und mit Attributen des Horrors erscheinen. Wenn es einer noch bunter treibt, kann das ins Auge gehen, mit schrillen Halloween-Kontaktlinsen, die auch diesmal wieder ein Optiker in Bad Neuenahr, Sinzig und Remagen anbietet.

Dass beim Feiern "zünftig" gegessen und gezecht wird, versteht sich von selbst. Eine Halloween-Party im Sinziger Helenensaal beglückte 1997 die Gäste mit Feenwasser, im Bad Neuenahrer "Apfelbaum" schlürfte man 2001 "Blutbowle". Was diverse Halloween-Feten 2004 im Ahrkreis anbieten, müssen Neugierige selbst herausfinden.

Kinder machen beim nächtlichen Kult-Erlebnis nicht mit. Aber gemäßigt wird selbst in den Kindergärten gefeiert, per Umzug (Leimersdorf 2001) oder "blutigem Mahl" (Sinziger Spatzennest 2002). Vielerorts erbitten Jung-Geister mit dem Spruch "Trick or Treat" (Süßes, sonst gibt''s Saures) Naschereien. Erfolglose Sammler benahmen sich auch `mal daneben: In Koisdorf zogen beschmutzte Häuser (2001) Regeln für den Heischegang nach sich.

Thisabe Zimmermann-Heinrich gründete 1997 gar den Verein "Halloween-Kids", um den Nachwuchs zur kreativen Festgestaltung, Basteln, Kostümieren, Schminken anzuleiten und die Festkultur der Kreisstadt um ein öffentliches Spektakel zu bereichern. Dies gelang in mehreren Jahren, bis die Initiatorin mangels aktiver Unterstützung den Verein aufgab.

Halloween, abgeleitet von "All Hallow''s Evening" (Abend vor Allerheiligen), soll im keltischen Neujahrsfest "Samhain" (1. November) wurzeln, das auch den Winterbeginn markierte und eine Art Erntefest war. An diesem Tag wurde nach keltischer Vorstellung die Welt der Götter sichtbar. In der Vornacht traten die Seelen der Verstorbenen in die Welt der Lebenden ein. Gewaltige Leuchtfeuer sollten die bösen Geister abschrecken. Von irischen Auswanderern in Amerika eingeführt, breitete sich Halloween dort seit Ende des 19. Jahrhunderts aus und wurde zu einem Spitzenreiter im Festkalender.

Hiesige Halloween-Gegner kritisieren, es sei ein heidnisches Fest, man solle lieber das katholische Fest Allerheiligen (1. November) begehen, des protestantischen Reformationstages (31. Oktober) gedenken und im brauchdichten Rheinland auf amerikanischen Import verzichten. Doch nicht Bedenkenträger regeln das Geschehen, sondern das Geschäft mit der Gänsehaut und die Nachfrage der meist jungen Fans. Die Volkskundler des Amtes für rheinische Landeskunde Bonn (ARL) fanden heraus, warum das Horrorfest im Rheinland so viele Anhänger findet.

Halloween, bei dem es mehr um Spaß als um Horror gehe, sei für viele Rheinländer eine willkommene Ergänzung zum Karneval. Es werde in der für Kulturaustausch stets offenen Region zusätzlich zu Karneval, St. Martin und Allerheiligen gefeiert. Die Brauchtumsexperten sind sich einig: "So gesehen ist Halloween im Rheinland kein Störfall, sondern eine Bereicherung."

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