Brüse tritt von allen politischen Ämtern zurück

Brief an Bonner Oberbürgermeisterin Dieckmann geschrieben - Für die SPD und die Grünen war sein Schritt überfällig - Schwolen-Flümann wird voraussichtlich Bezirksvorsteherin

Bonn. Der Bad Godesberger Rechtsanwalt und CDU-Politiker Christoph Brüse (CDU) ist am Freitag von allen politischen Ämtern zurückgetreten. Das erklärte Brüse in einem Schreiben an Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann, die den Brief am frühen Nachmittag erhielt. Mit diesem Schritt zieht Brüse die Konsequenzen aus den monatelangen Querelen um seine beruflichen und politischen Verquickungen.

Wie der GA bereits berichtete, hatte CDU-Fraktionschef Benedikt Hauser Brüse am Donnerstag vor der Ratssitzung ein Ultimatum gestellt, spätestens bis Sonntag zurückzutreten. Andernfalls werde er dies in der Fraktion am Montag thematisieren. Brüse hatte noch während der Ratssitzung zu den Rücktrittsforderungen zum GA gesagt: "Warum sollte ich? Im Moment habe ich nicht die Absicht, eine solche Erklärung zu formulieren." Noch am Donnerstagabend hatte Brüse nach einer längeren Unterredung mit Hauser und CDU-Parteichef Helmut Hergarten den Rat vorzeitig verlassen.

Am Freitag dann der Brief an die OB: "Hiermit lege ich mein Mandat als Stadtverordneter der Stadt Bonn nieder und erkläre meinen Rücktritt als Bezirksvorsteher und Bezirksverordneter des Stadtbezirks Bad Godesberg." Mit diesem Schritt wird Brüse auch seine Ämter in den Aufsichtsgremien der Sparkasse Bonn und bei der Vereinigten Bonner Wohnungsbau-Gesellschaft (Vebowag) verlieren.

Dieckmann kommentierte Brüses Entscheidung so: "Der Rücktritt ist die Konsequenz aus den erst jetzt bekannt gewordenen Handlungsweisen der letzten Jahre. Der Rücktritt wendet weiteren Schaden vom Rat und seinen Gremien ab."

Brüse (54), seit 17 Jahren im Stadtrat, seit 30 Jahren in der Bezirksvertretung und seit 1994 Bezirksvorsteher, wollte mit seinem Rückzug, so sein Brief an die OB, "den permanenten politischen Druck, der auf mir, meiner Familie und meinen Mitarbeitern lastet, beenden"." Und weiter: "Ich bedauere, wenn ich gegen Befangenheitsvorschriften verstoßen habe. Soweit dies der Fall war, habe ich dies nicht bewusst getan und auch nicht die Absicht gehabt, mir oder einem Dritten hierdurch einen Vorteil zu verschaffen."

Besonders betroffen habe ihn "die entstellende Darstellung meines beruflichen Engagements für die Stadtwerke Bonn gemacht". Dass er den Stadtwerken durch seine Tätigkeit als Anwalt in den Verhandlungen mit dem ABB-Konzern, der Nachforderungen in Höhe von fünf Millionen Mark gestellt hatte ( der GA berichtete), "mehrere Millionen Mark erspart" habe, "kann sich sehen lassen".

Abschließend schreibt Brüse: "Ich möchte mich bei all denjenigen bedanken, die mich in den langen Jahren meiner kommunalpolitischen Tätigkeit begleitet haben, und mit denen ich zusammengearbeitet habe. Besonders danke ich denjenigen, die in guten aber auch in schweren Zeiten an meiner Seite standen. Als Bürger von Bad Godesberg wünsche ich der Bundesstadt Bonn für ihre Zukunft alles Gute."

CDU-Fraktionschef Hauser würdigte Brüse als einen Mann, der "seit Jahren in Bonn politisch an entscheidender Stelle aktiv war und immer engagierte Arbeit geleistet hat. Ich möchte ihm deshalb nicht nur für diese politisch-verantwortliche und mutige Entscheidung, sondern auch für seinen Einsatz für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger danken. Ihm ist dieser Schritt sicherlich sehr schwer gefallen, doch stellt er ein deutliches Zeichen nach außen für ehrliche und glaubwürdige Politik dar."

Das sehen SPD und Grüne völlig anders. Unisono halten sie Brüses Schritt für "längst überfällig". Der von Hauser mit der Übernahme des Fraktionsvorsitzes vor wenigen Wochen versprochene Neuanfang sei gründlich gescheitert, meint SPD-Fraktionschef Wilfried Klein. Hauser war Reiner Schreiber nachgefolgt, der zugegeben hat, 1,45 Millionen Mark Schmiergelder kassiert zu haben ( der GA berichtete). Klein weiter: "Die permanente Diskussion um die Vermischung von privaten, wirtschaftlichen und politischen Interessen durch Christoph Brüse hat der Stadt geschadet."

Der Geschäftsführer der Fraktion der Grünen, Tom Schmidt, forderte Hauser und Hergarten auf zu erklären, ob sie von "Brüses Tätigkeiten gewusst haben. Die Herren müssen erklären, ob sie selbst geschwiegen haben oder ebenfalls von Brüse düpiert wurden."

Beste Chancen auf die Nachfolge Brüses als Bezirksvorsteherin hat die Stadtverordnete Annette Schwolen-Flümann, die von 1994 bis 1999 der Bezirksvertretung angehörte und erst vor wenigen Wochen für Hauser wieder nachgerückt war, der mit der Übernahme des Fraktionsvorsitzes diesen Posten abgegeben hatte. Brüses Sitz in der Bezirksvertretung wird aller Voraussicht nach Bürgermeisterin Pia Heckes einnehmen.

Über Beides wird die Bezirksfraktion am Dienstag beraten. Aus Parteikreisen verlautete Bedauern über Brüses Rücktritt. Die Querelen um seine Person überschatteten seine großen Verdienste, die er sich in gut drei Jahrzehnten erworben habe.

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