Neuer Job, weniger Gehalt - Nicht auf Schein-Vorteile reinfallen

Stuttgart · Bevor Arbeitnehmer sich für den Wechsel zu einem Job mit geringerem Gehalt entscheiden, sollten sie ihre Motive und ihren zukünftigen Arbeitgeber prüfen - und sich eine Strategie für die Verhandlung eines Ausgleichs zurechtlegen.

 Von einem schnellen Jobwechsel versprechen sich viele die ersehnte Zufriedenheit, notfalls auch mit geringerem Gehalt. Eine Entscheidung sollte man jedoch nicht hastig fällen. Foto: Tracey Nearmy

Von einem schnellen Jobwechsel versprechen sich viele die ersehnte Zufriedenheit, notfalls auch mit geringerem Gehalt. Eine Entscheidung sollte man jedoch nicht hastig fällen. Foto: Tracey Nearmy

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Wenn Arbeitnehmer bei einem Jobwechsel ein geringeres Gehalt akzeptieren, sind häufig Probleme mit dem aktuellen Arbeitgeber die Ursache. Unter diesem Druck sind Arbeitnehmer zu Kompromissen bereit, die sich am Ende nicht auszahlen. "Darum ist es wichtig vor dem Jobwechsel zu prüfen, ob die neue Arbeitsstelle tatsächlich jene Qualitäten besitzt, die man bei der jetzigen vermisst", erklärt Christoph Burger, Karriereberater in Herrenberg bei Stuttgart. So erwecken manche Arbeitgeber durch geschickte Stellenausschreibungen den Eindruck, dass der Lohnabschlag durch andere Vorzüge ausgeglichen würde - das ist jedoch nicht immer der Fall.

"Durch Recherche auf digitalen Kanälen wie dem Karriereportal Xing oder die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu ergibt sich schnell ein realistisches Bild", so der Karriereberater. Eine andere Möglichkeit sei die Kontaktaufnahme zu den künftigen Kollegen: Machen sie trotz geringeren Gehalts einen zufriedeneren Eindruck als die aktuellen, sei ein Wechsel vielleicht wirklich der richtige Weg zu mehr Zufriedenheit.

Dennoch sollten die Arbeitnehmer den Gehaltsvorschlag des künftigen Arbeitgebers nicht ohne Verhandlung akzeptieren. "Dabei ist es wichtig, einerseits möglichst vielfältige Vorschläge zu machen und andererseits zu wissen, worauf es einem selbst ankommt", erklärt Burger. Mögliche Angebote sind etwa ein Dienstwagen, eine betriebliche Altersrente, die Übernahme von Weiterbildungskosten oder Tage im Homeoffice sowie das Arbeiten von unterwegs. "Seien Sie auch offen für die Vorschläge des Unternehmens. Aber entscheiden Sie vor allem nach ihren eigenen Wertvorstellungen."

Reden sich die Arbeitnehmer den Jobwechsel schön, weil sie den Druck beim aktuellen Unternehmen nicht mehr aushalten, dann folgt das böse Erwachen meist bereits nach wenigen Monaten. "Wenn die finanzielle Einbuße nicht durch eine generelle Verbesserung der Arbeitssituation versüßt wird, ist das besonders bitter", sagt Burger. Darum sollten Wechselwillige ihre Entscheidung gut abwägen.

An erster Stelle steht der Kassensturz: Deckt der neue Job trotz Einbußen die Lebenshaltungs-, Altersvorsorge- und Gesundheitsvorsorgekosten? Sind Urlaube und Sonderanschaffungen wie ein neuer Kühlschrank oder eine Hobbyausrüstung noch drin? "Hier geht kühles Kalkulieren eindeutig vor Bauchgefühl", betont Burger. Denn wer seinen Lebensstandard deutlich absenken muss, wird sich bestimmt nicht besser fühlen.

Gute Gründe für einen Wechsel trotz Lohneinbuße gibt es aber: "Ein besseres Arbeitsklima, kürzere Anfahrtswege oder mehr Raum für eigene Entscheidungen senken den Stress und wirken sich damit positiv auf die Gesundheit aus." Schafft der neue Job mehr Platz für gemeinsame Zeit mit der Familie, bereuen Arbeitnehmer den Wechsel trotz Fastenkur für die Geldbörse meist nicht.

Um auf Nummer sicher zu gehen, hilft ein Blick in die Zukunft: "Vergleichen Sie, wo sie bei beiden Varianten vermutlich in einem, in fünf und in zehn Jahren stehen", empfiehlt der Karriereberater. "Verspricht der neue Job nur kurzfristig eine Besserung der Situation, dann sollten sie sich mit dem Wechsel noch ein wenig Zeit lassen - und lieber nach lukrativeren Angeboten Ausschau halten."

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