Doppelter Abiturjahrgang Die Kapazitätsgrenze ist bereits erreicht

BONN · Der Südturm des Universitätshauptgebäudes ist eingerüstet, das Akademische Kunstmuseum und das Historische Seminar am Rhein ebenso. Bagger graben sich durch den Lehm auf dem Areal zwischen Carl-Troll-Straße und Endenicher Allee, wo bereits am neuen Campus Poppelsdorf der Universität Bonn gearbeitet wird.

Hier werden neue Institutsgebäude und ein Hörsaaltrakt errichtet. Doch all diese Arbeiten haben nichts mit den Vorbereitungen zum erwarteten Ansturm vieler junger Studierenden zu tun. Denn bis zum Wintersemester 2013/14, wenn zwei Abijahrgänge an die Hochschulen strömen, werden die Neubauten längst nicht fertig sein, und die eingerüsteten Altbestände der Uni werden lediglich saniert.

Dabei hat die Uni Bonn heute schon ein Platzproblem. Bislang ließ es sich managen. In diesem Wintersemester ist die Bonner Alma Mater an ihre Kapazitätsgrenzen geraten. Mit rund 27.000 Studierenden lag die Auslastung der Uni, bezogen auf Lehrkräfte und Raumangebot, bislang bei etwa 80 Prozent, so der Prorektor für Studium, Lehre und Studienreform, Professor Volkmar Gieselmann. Jetzt ist man bei 97 Prozent. Die Uni zählt 30.885 Studierende, davon haben 8050 im Wintersemester ihr Studium aufgenommen:

  • Die Medizin ist voll ausgelastet.
  • Die Rechts- und Staatswissenschaften sowie die Landwirtschaftliche Fakultät sind zahlenmäßig in etwa gleich geblieben.
  • Die Philosophische Fakultät hatte einen Zuwachs von 14 Prozent auf heute knapp 10.000 Studierende. Hier hatten die Anglisten mit "mehreren hundert" Erstsemestern den größten Zuwachs, so Gieselmann.
  • Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer verzeichneten ein Plus von 19 Prozent.
  • Seit dem Wintersemester 2011/12 werden in Bonn zudem wieder Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet. Hier gibt es zusätzliche 660 Studierende.

Hinzu kommt, dass die Universitäten Defizite aus der Schulbildung auffangen müssen. Abiturienten haben, so die Erfahrung vieler Professoren, häufig nicht das nötige Rüstzeug für ein Studium. Die Folge: Die Uni bietet Vorbereitungskurse an - von Mathematik über Latein, Griechisch bis zum Academic English.

Ein großes Problem ist der fehlende Platz: "Uns fehlen heute schon etwa 6200 Quadratmeter an Hörsälen und Seminarräumen, ab kommendem Wintersemester noch mal 2500 Quadratmeter", so Manfred Selig, Stabstelle für strategische Flächen- und Raumplanung an der Uni Bonn. Der Bestand heute: 37.500 Quadratmeter. Bis zum Herbst sollen daher weitere Räume angemietet werden. Die Beethovenhalle ist im Gespräch, aber auch etliche Gemeindesäle.

Mehr Kapazitäten muss auch das Hochschulrechenzentrum schaffen. Die Uni- und Landesbibliothek (ULB) dagegen sieht keine Möglichkeiten mehr, Ressourcen auszubauen: "Wir hatten ja schon erhöhte Zahlen nach dem Wegfall der Wehrpflicht. Jetzt müssen wir mit dem auskommen, was wir haben", so ULB-Sprecherin Christiane Holtz. Mehr Arbeitsplätze könnte die ULB schon noch brauchen. Aber der Platz fehlt.

Zimmer frei
Das größte Problem beim doppelten Abijahrgang ist der Wohnungsmarkt, so Uni-Sprecher Andreas Archut. Deshalb startet eine Koalition aus den Hochschulen der Region, den Kommunen, Studentenwerk, AStA, Hochschulgemeinden und Haus & Grund eine gemeinschaftliche Aktion. "Zimmer frei" ruft die Bürger auf, Wohnraum bereitzustellen: www.zimmerfrei.uni-bonn.de.

Hochschule Bonn/Rhein-Sieg
"Die Herausforderungen sind bekannt. Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ist gut vorbereitet und bestens gerüstet", so die Pressesprecherin der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg, Eva Tritschler. 6596 Studierende zählte die HBRS zum Wintersemester 2012/13 - davon waren rund 1600 Erstsemester.

So wurden die Öffnungszeiten der Hochschulbibliotheken in Sankt Augustin und Rheinbach erweitert. Jetzt schon werden Seminare in Rheinbach in angemieteten Räumen veranstaltet, in Sankt Augustin nutzt die Hochschule Räume der Kreishandwerkerschaft. Die seit 1995 bestehende junge Hochschule braucht Platz.

Eine Studie eines externen Gutachters hat vor zwei Jahren bereits einen zusätzlichen Raumbedarf von 3600 Quadratmetern berechnet. Kanzler Hans Stender bemüht sich schon seit langem um einen Neubau am Hauptsitz Sankt Augustin.

Die Anfrage liegt längst in Düsseldorf. Ursprünglich sollte in diesem Jahr Spatenstich sein. Wie sieht's nun aus? Tritschler: "Wir sind guter Dinge." Bis dahin müsse die Raumbelegung optimiert werden. "Hörsäle und Seminarräume können nicht mehr fachbezogen besetzt, sondern müssen nach Kapazitätsfragen belegt werden."

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