Das Innenleben der silbernen Kugel

Am Samstag führen Wachtberger Forscher ihr Großradar vor

Hinter der Kugelhülle  steckt eine riesige Radarantenne.Foto/Montage: FGAN

Hinter der Kugelhülle steckt eine riesige Radarantenne.Foto/Montage: FGAN

Bonn. Die silberne, große "Kugel" zwischen Werthhoven und Berkum ist kaum zu übersehen - selbst von der Eifel aus ist sie noch zu erkennen. Das "Himmelsauge" gehört zur "Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften" (FGAN).

Jetzt erläutert das FGAN-Forschungsinstitut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) die Anlage bei einem "Tag der offenen Tür" am Samstag, 1. Mai. Hintergrund ist ein Jubiläum: Am 30. April 1904 meldete der damals 22-jährige Christian Hülsmeyer aus Düsseldorf das erste Ur-Radar zum Patent an.

Heute sind die Anwendungen freilich viel ausgefeilter und komplexer: In der silbernen FHR-Kugel verbirgt sich eine Großradaranlage zur Flug- und Weltraumbeobachtung. Mit dem 34 Meter großen und 240 Tonnen schweren Parabolspiegel tasten die Forscher den Himmel genauestens ab: "Aus 1 000 Kilometer Entfernung können wir Objekte von nur zwei Zentimetern Größe im Weltraum feststellen", erläutert Institutsleiter Professor Joachim Ender. Verhüllt ist der imposante Spiegel wegen seiner Empfindlichkeit gegenüber Witterungseinflüssen.

Die rund 150 Mitarbeiter des FHR forschen im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums nach neuartigen Radarkonzepten und -technologien. "Was der Laie wahrscheinlich nicht weiß: Mit Radarwellen lassen sich hochaufgelöste fotoähnliche Bilder erzeugen", sagt der Institutsdirektor.

Das Radar hat darüber hinaus entscheidende Vorteile, was die Aufklärung zu Lande, zu Wasser und in der Luft angeht: Im Gegensatz zum Fotoapparat sendet es aktiv elektromagnetische Wellen aus, die von Gegenständen zurückgeworfen und von dem Gerät wiederum aufgezeichnet werden.

Dunkelheit, Nebel und Wolken spielen also keine Rolle, wenn beispielsweise Gebäude oder Fahrzeuge erkannt werden sollen.

Die Wachtberger Wissenschaftler entwickeln zwar vorrangig hochfrequente Radaranwendungen für die Luftraum- und Satellitenaufklärung der Bundeswehr, doch setzen sie ihr scharfes Auge auch für zivile Anwendungen ein. Sie fahnden damit beispielsweise nach Weltraummüll, der Satelliten und Raumfahrzeugen gefährlich werden könnte.

Wie gefragt die Forscher sind, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 1997. Damals schoss Japan den Umweltforschungssatelliten ADEOS in den Weltraum, der ein halbes Jahr später wegen eines Totalausfalls der Stromversorgung keine Daten mehr zur Erde sendete.

Die hochaufgelösten Radarbilder der Wachtberger zeigten, dass ein abgebrochenes Solarpanel die Ursache war. "Solche Hilfestellungen leisten wir häufig", sagt Ender. "Beispielsweise auch dann, wenn es darum geht, die Absturzstelle eines Satelliten vorherzusagen." Außerdem forschen die Wissenschaftler an einem bodendurchdringenden Radar, das auch Landminen aufspüren kann.

Die Forscher wollen die Auflösung noch weiter ausreizen. Wenn sie ihr Großradar mit dem Radioteleskop Effelsberg in der Eifel zusammenschließen, wie vor Jahren bereits geschehen, können sie aus 1 000 Kilometern sogar noch Gegenstände von nur neun Millimeter Größe erkennen. "Dann haben wir das größte Radar der Welt", sagt Ender.

Denn das Teleskop des Bonner Max-Planck-Instituts für Radioastronomie könne auch die ausgesendeten Radarstrahlen erkennen. Demnächst soll wieder ein derartiger Versuch laufen.

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