11 VON 11.000 - Menschen an der Uni Bonn Xenia Lehr vereinbart Kind und Karriere

Bonn · Die Sozialpädagogin Xenia Lehr hat mit ihrem Team seit 2012 das Familienbüro der Uni Bonn aufgebaut. Sie berät Uni-Angehörige dazu, wie sie Studium, beziehungsweise Beruf, und Familie unter einen Hut bekommen.

 Xenia Lehr berät Studierende, Wissenschaftler und Uni-Angehörige zum Thema „Vereinbarkeit“.

Xenia Lehr berät Studierende, Wissenschaftler und Uni-Angehörige zum Thema „Vereinbarkeit“.

Foto: Benjamin Westhoff

Der junge Wissenschaftler, der gerade Xenia Lehrs Büro verlässt, wirkt gelöst. „Dabei war er, als er kam, doch ziemlich besorgt, was die Zukunft seiner kleinen Familie betrifft“, sagt Lehr. Die Sozialpädagogin ist Leiterin des vierköpfigen Familienbüros der Universität Bonn. Der junge Mann hat ihr geschildert, dass seine Partnerin mit dem ersten Kind schwanger, aber in einer Vollzeitausbildung sei und dass also er nach der Geburt Elternzeit nehmen wolle. „Wir haben alle Möglichkeiten durchgespielt, damit er auch als Universitätsmitarbeiter seine Karriere und die Familiengründung unter einen Hut bekommt“, erläutert Lehr. Hinter ihrem Schreibtisch prangen an der Wand die wichtigen Stichworte zu Mutterschutz, Elternzeit, Kinderbetreuung und Familienleistungen.

„In den meisten Fällen ist es hier an der Uni für Mitarbeiter und Studierende möglich, Arbeit oder Studium und Kind zu verbinden“, betont die Leiterin. Es gebe natürlich Ausnahmebereiche, in denen das schwierig sei, etwa bei Forschenden im Labor. „Na ja, wir können natürlich nicht alle Fälle zu aller Zufriedenheit lösen“, sagt Lehr und schaut kurz in ihren vollgepackten Terminkalender.

Seit der Gründung des Familienbüros im Januar 2012 ist die heute 36-Jährige als Leiterin an Bord. In den Jahren zuvor habe sich die Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule punktuell mit den Themen der Vereinbarkeit beschäftigt. Seit Dezember 2011 sei die Uni Bonn als familiengerechte Hochschule zertifiziert. Ab 2012 hat Lehr dann mit einer Kollegin das Spezialbüro aufgebaut. „Anfangs gab es dafür Dateien, zwei bis drei Ordner und keinerlei Struktur“, erinnert sie sich lächelnd.

In Bad Godesberg aufgewachsen

Die in Bad Godesberg aufgewachsene Sozialpädagogin hatte nach ihrem Bachelor zwei Jahre als pädagogische Mitarbeiterin beim Verein Christliches Jugenddorfwerk Bonn in der Elternberatung gearbeitet. „Der Übergang zum Familienbüro der Uni war dann fließend“, erzählt Lehr. In den Räumlichkeiten berät parallel gerade eine Kollegin eine Universitätsbeschäftigte, die Angehörige zu pflegen hat. 2012 hieß es also, das bei der Uni-Verwaltung angesiedelte Büro ins Laufen zu bekommen: also grundlegende Strukturen aufzubauen, Informationsmaterialien für junge Eltern zu erstellen, sukzessive auch die Beratung für Beschäftigte und Studierende mit pflegebedürftigen Angehörigen einzurichten, eine Website zu erstellen – und letztlich auch die Anerkennung im Apparat der Uni selbst zu erkämpfen.

„Ich denke, dass wir uns nach vier Jahren etabliert hatten“, meint Lehr. Die Zielvereinbarungen müssten alle drei Jahre aktualisiert und extern geprüft werden. Mittlerweile habe die Uni den Status der Konsolidierung erreicht, so dass es derzeit um die langfristige Etablierung von Maßnahmen gehe. „Dazu gehört etwa die weitere Sensibilisierung von Führungskräften.“

Manche Lehrende verstünden noch nicht, dass auch sie für die allgemeine Vereinbarkeit von Studium und Familie mitverantwortlich seien, so Lehr. Auf Wunsch sei sie als Mediatorin in Konfliktgesprächen dabei. „Wir sorgen dann gemeinsam für Lösungsmöglichkeiten.“ Das Gros der Ratsuchenden käme aus dem Wissenschaftsbereich. Dabei hielten sich Frauen und Männer die Waage. Lehr blickt auf die Uhr. Sie ist selbst Mutter. Vor vier Monaten bekam sie ihr drittes Kind. Deshalb kann sie derzeit nur auf halber Stelle arbeiten.

Durch ihren Mann entlastet

Zu Hause wird sie durch ihren Mann entlastet. „Ab Januar bekommen wir hier im Büro Verstärkung, da meine derzeit nicht ausgefüllten Arbeitszeitanteile an eine zweite Leitung gehen“, erläutert die 36-Jährige. „So wird dann Führung in Teilzeit auch mal bei uns erprobt.“ Lehr lacht. Sie befindet sich parallel in einem vierjährigen, begleitenden Master-Studiengang in Ehe-, Familien- und Lebensberatung an der Katholischen Hochschule Köln. „Wenn man etwas als Frau und Mutter will, dann erreicht man das auch“, heißt ihre Devise. Voraussetzung für die Frau sei dann natürlich, dass der Partner mitziehe.

Xenia Lehr schaut zur Tür. Jetzt heißt es noch, eine alleinerziehende Studentin zu beraten. „Das wird nicht einfach, denn genau bei diesen jungen Frauen ist die Not oft groß“, weiß Lehr. Bei Konflikten mit den Ex-Partnern muss sie die betroffenen Studentinnen auch weiter in die psychosoziale Beratung verweisen. Aber vielleicht wird es der Studentin mit Kleinkind ja nur um einen Platz in einer der zwei Kindertagesstätten der Uni gehen, die vom Studierendenwerk Bonn betrieben werden. Lehr blickt schon mal in ihren entsprechenden Ordner. „Wenn alle Stricke reißen, finden wir auch immer noch einen Platz in Tagespflegeeinrichtungen.“

Kontakt zum Familienbüro:Tel. (0228) 73 72 73, E-Mail: familienbuero@uni-bonn.de

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